Mazeltov, Rachel'e
The Yiddish Songs from the Operetta by Christian von Götz

Ars Produktion ARS 38 614
1 CD • 51min • 2022
13.07.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Bei dieser „yiddischen Operette”, die im vergangenen Jahr anläßlich des Jubiläums „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ an der Kölner Oper herauskam und einen riesigen Publikumserfolg hatte, handelt es sich genau genommen um ein Pasticcio, das der deutsche Regisseur, Autor und Musiker Christian von Götz aus Stücken des Yiddish Broadway der 1910er Jahre kompiliert und teilweise mit neuen Texten versehen hat. Die jüdischen Komponisten, deren Arbeiten verwendet wurden, die aber heute niemand mehr kennt, waren nach den Pogromen von Odessa (1881) in die USA eingewandert: Reuben Doctor, Louis Friedsell, Louis Gilrod, Abraham Goldfaden, Michael Krasznay-Krausz, David Meyerowitz, Alexander Olshanetsky, Solomon Smulewitz und Hermann Wohl. An zentraler Stelle des Stücks steht Isoldes Liebestod von Wagner in einer jiddischen Textfassung, dicht gefolgt von Leo Falls umgedichteter Arie „Heut’ könnt einer sein Glück bei mir machen“ aus Madame Pompadour.
Viel theatralisches Potential
Die Handlung, die von Götz um die durchweg unterhaltsamen Musiken herum entwickelt hat, zeigt einigen szenischen Witz und zugleich Tiefgang. Im Mittelpunkt steht die todkranke israelische Sängerin Lea, die nächtlichen Besuch von ihren Urahnen erhält: Der Ururgrossmutter Rachel’e, einer kapriziösen Operettendiva in Odessa, deren Ehemann, dem Geiger Leyser Janowski, ihrem Liebhaber Abraham Goldfaden, Theaterimpresario in Odessa, und ihrer Tochter Gisse, die später in Auschwitz ermordet wurde. Sie heitern die vereinsamte Frau für eine Weile auf, führen sie noch einmal ins Leben zurück, um sie dann am Ende friedlich „zu sich zu holen“. In diesem Plot steckt viel theatralisches Potential, die vorliegende CD muß sich allerdings auf die Wiedergabe der Musiknummern beschränken, die den Handlungsverlauf nicht zwingend vermitteln kann. Dem uneingeschränkten Vergnügen beim Nur-Hören tut dieses Defizit allerdings keinen Abbruch.
Musikalisch mitreißend
Alle Kompositionen haben Witz und Schmiss, gelegentlich auch eine melancholische Note, und sie fügen sich – trotz der vielen „Köche“ – zu einem homogenen Ganzen. Und was die fünf Gesangssolisten und neun Instrumentalisten da auf die Klangbühne zaubern, ist schlichtweg mitreißend. Die aus Israel stammende Operndiva Dalia Schaechter zeigt als Rachel’e eine reiche Ausdruckspalette und ungebändigtes Temperament, weiß auch im verfremdet arrangierten Liebestod zu berühren. Ihre Bühnenpartner können ihr jedoch Paroli bieten: Der markante Bassbariton Matthias Hoffmann als Impresario Goldfaden (und zugleich junger Regie-Assistent), Dustin Drosdziok als komischer, gelegentlich aber auch tenoral auftrumpfender Ehemann, Csilla Csövari als Tochter mit sanftem lyrischen Sopran und nicht zuletzt die Schauspielerin Verena von Götz mit überzeugenden Gesangsbeiträgen als Lea. Und die vom (selbst an der Gitarre beteiligten) Regisseur angeleiteten Instrumentalisten evozieren vom Start weg eine elektrisierende Broadway-Stimmung.
Ekkehard Pluta [13.07.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Christian von Götz | ||
1 | Vi sol ikh asoy lebn? | 00:03:26 |
2 | Mikh ruft di fidl | 00:02:33 |
3 | Ikh woyn bay mayn vayb in pension | 00:02:02 |
4 | Der tales | 00:04:30 |
5 | Mayn mishpukhe | 00:02:40 |
6 | Sheyn | 00:02:09 |
7 | Oj, oj, ikh hob zey lib | 00:02:14 |
8 | Menshenfresser | 00:02:52 |
9 | L'chaim | 00:02:10 |
10 | Rachel'e | 00:02:45 |
11 | Hudel, strudel, mazeltov | 00:01:55 |
12 | Meys un toyt (Isoldes "Liebestod" in Yiddish) | 00:04:00 |
13 | Haynt | 00:02:02 |
14 | Bay nakht | 00:01:19 |
15 | A freylekh, sheyne kholem | 00:02:13 |
16 | Vos geven iz geven un nito | 00:04:10 |
17 | Ikh woyn bay mayn vayb in pension (Reprise) | 00:01:27 |
18 | Sheyn (Reprise) | 00:01:39 |
19 | A pogrom | 00:02:43 |
20 | Rozhinkes mit mand'len | 00:01:48 |
Interpreten der Einspielung
- Dalia Schaechter (Mezzosopran)
- Cilla Csövari (Sopran)
- Matthias Hoffmann (Bariton)
- Dustin Drosdziok (Tenor)
- Verena Götz (Schauspielerin)
- Gerhard Dierig (Viola)
- Joachim Griesheimer (Violoncello)
- Johannes Eßer (Kontrabass)
- Ralf Soiron (Klavier)
- Theresia Renelt (Violine)
- Christian Götz (Gitarre)
- François Ribaupierre (Klarinette)
- Dorrit Bauerecker (Akkordeon)