Georg Philipp Telemann
Six Quatuors ou Trios 1733
cpo 555 427-2
1 CD • 63min • 2020
06.01.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Wer immer noch meint, barocke Musik sei bloße abstrakte Musik und keine „Programmmusik“, sollte sich auf dieser CD zuerst den Schluss anhören, insbesondere die Tracks 25-29: Diese fünf Sätze aus dem Stück mit dem nichtssagenden Titel Introduzione a tre aus Der getreue Musikmeister von Georg Philipp Telemann sind fünf Frauen-Porträts aus der Geschichte bzw. Mythologie, deren Wesen und Schicksal hier musikalisch geschildert wird: das Keifen von Xanthippe, der angeblich streitsüchtigen Ehefrau von Sokrates, das Klagen von Lukretia, die von Tarquinius vergewaltigt worden ist, das vielfältig-gescheite Wesen der griechischen Lyrikerin Corinna, die Wellen des Tibers, den die heroische Römerin Cloelia durchschwamm, und das Schwanken zwischen Verzweiflung und Trauer der von Aeneas verlassenen Dido. Eingeleitet wird diese Ansammlung von Frauenschicksalen durch höfisch-erhabene und dann spritzige Bockflötentöne.
Phrasierungs-Kabinettstückchen
Den Rest der CD füllen die Six Quatuors ou Trios (1733), in denen Telemann verschiedene Besetzungsvarianten freistellt. Diese Freiheit nutzt die Camerata Köln voll und vehement aus: Entweder spielen die anmutigen Traversflöten ein heiteres Fange-Spiel (Track 4) oder die Blockflöten jagen sich spielerisch mit unbändiger Freude (Track 6), nachdem sie vorher mittels reicher Phrasierungsvariabilität galant ein geistreiches Gespräch geführt haben (Track 5). Fröhlich-sonnig mischen sich Violine und Flöte (Track 9-11) oder Blockflöte und Traversflöte im Quartett Nr. 6 (Track 29-23), die sich galant und graziös umtanzen. Reine Streicherbesetzung herrscht im Quartett Nr. 5 (Track 16-19) mit geradezu sehnsüchtig aufspielenden Geigen, denen kraftvoll-realistisch die Celli antworten. Reizend, wie sich im Schluss-Allegro die beiden Geigen fast übereinander purzelnd immer mehr entfernen, d.h. immer leiser werden.
Am reizvollsten aber, zumindest für mich, ist das Quartett Nr. 4 (Track 12-15) wegen der reinen Bläserbesetzung: Die zwei Oboen und zwei Fagotte erzählen so spannend, dass man gespannt zuhört, bis sie in den weiteren Sätzen ins heitere Tanzen verfallen: ein echtes Phrasierungs-Kabinettstück.
Die insgesamt elf Musiker der Camerata Köln musizieren so entspannt, dabei virtuos gespannt, so schwerelos unschwierig und so temperamentvoll befeuert, dass das Zuhören eine reine Freude ist – was auch noch durch die Aufnahmetechnik unterstützt wird: Die Alte Kirche in Fautenbach/Achern erweist sich als recht neutraler, aber immer leise mitschwingender Raum, der das beschwingte Musizieren der Instrumentalisten recht hörbar macht.
Rainer W. Janka [06.01.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Philipp Telemann | ||
1 | Quartett D-Dur TWV 43:D2 | 00:08:14 |
5 | Trio e-Moll TWV 43:e3 | 00:08:09 |
9 | Quartett A-Dur TWV 43:A2 | 00:07:29 |
12 | Quartett G-Dur TWV 43:G3 | 00:07:38 |
16 | Quartett a-Moll TWV 43:a1 | 00:08:09 |
20 | Quartett E-Dur TWV 43:E1 | 00:08:40 |
24 | Introduzione a tre C-Dur TWV 42:C1 | 00:13:35 |
Interpreten der Einspielung
- Camerata Köln (Ensemble)