Who's afraid of...?
Boulanger Trio
Berlin Classics 0303298BC
1 CD • 78min • 2023, 2024
22.12.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Frauen spielen Musik von Frauen – wobei sie sich auf das feministische Engagement der Dichterin Virginia Woolf berufen, die vor allem mit ihrem Werk A room of one’s own (Ein Zimmer für sich allein) wesentliche Impulse für die Frauenbewegung gab. Denn es war nicht nur mangelndes Selbstvertrauen, sondern vor allem mangelnde Anerkennung, was Frauen oft am öffentlichen Auftreten als Komponistinnen und Interpretinnen hinderte. Das Programm des Albums ist weit gestreut, es reicht von der Renaissance bis zur Moderne, bietet neben Originalwerken mehrere Bearbeitungen von Gesängen aller Art. Karla Haltenwanger (Klavier), Birgit Erz (Violine) und Ilona Kindt (Violoncello), die seit siebzehn Jahren als „Boulanger Trio“ musizieren, gestalten die ausgewählten Kompositionen mit spürbar starkem Engagement und feiner Abstimmung.
Gewichtige Originalwerke
Dies gilt insbesondere für die beiden mehrsätzigen Hauptwerke, die aus der Romantik stammen. Da ist zunächst das g-Moll-Trio von der Schwedin Elfrida Andrée (1841 – 1929), das vor allem mit den kontrastreichen, leidenschaftlichen Ecksätzen für sich einnimmt, auch wenn die Thematik etwas kurzatmig wirkt. Von größerer Bedeutung ist das d-Moll-Trio op. 11 von Fanny Hensel, geb. Mendelssohn, die es als Frau schwer hatte, sich neben ihrem Bruder als Komponistin durchzusetzen. Die ausgefeilte Wiedergabe durch das Boulanger Trio begeistert in allen vier Sätzen. Als Epilog dazu könnte das Postscriptum von Lera Auerbach, geboren 1973, dienen, das den romantischen Ton aufgreift, um ihn nach und nach aufzulösen.
Zahlreiche Bearbeitungen
Mit Einfühlungsvermögen widmen sich die drei Interpretinnen den Arrangements von Vokalstücken, beginnend mit dem Madrigal Io v’amo vita mia von Vittoria Aleotti (1575 – 1646) aus Ferrara. Aus Venedig stammt Barbara Strozzi (1619 – 1677), die ihr Lied Che si può fare? über einem ostinaten Bass aufbaut. Lilli Boulanger (1893 – 1918), neben ihrer Schwester Nadia eine der Namenspatroninnen des Trio-Ensembles, ist mit drei impressiven Gesängen aus dem Zyklus Clairières dans le Ciel in feinsinnigen Übertragungen vertreten. Und die Sängerinnen Alicia Keys (geb. 1981) und Barbara, alias Monique Andrée Serf (1930 – 1997), gesellen sich mit den Songs Fallin' beziehungsweise Göttingen ebenbürtig in die Reihe der emanzipierten Musikantinnen.
Der Booklet-Text (deutsch und englisch) geht zwar auf das wichtige Problemfeld von Frauen als Komponistinnen genauer ein, gibt aber nur wenige Informationen zu den einzelnen Werken. Und weder über die Autoren der Bearbeitungen noch über die Biografien der Interpretinnen ist dort etwas zu erfahren.
Prof. Klaus Trapp [22.12.2024]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Elfrida Andrée | ||
1 | Trio Nr. 2 g-Moll | 00:21:13 |
Vittoria Aleotti | ||
4 | Io v'amo vita mia | 00:02:22 |
Barbara Strozzi | ||
5 | Che si può fare (aus op. 8, Venedig 1664) | 00:03:24 |
Fanny Mendelssohn-Hensel | ||
6 | Klaviertrio d-Moll op. 11 | 00:25:54 |
Maria Theresia Paradis | ||
10 | Erinnerung ans Schicksal | 00:02:51 |
Lera Auerbach | ||
11 | Postscriptum | 00:05:53 |
Lili Boulanger | ||
12 | Clairière dans le ciel Nr. 3 (Parfois, je suis triste) | 00:03:33 |
13 | Clairière dans le ciel Nr. 9 (Les lilas qui avaient fleuri) | 00:02:30 |
14 | Clairière dans le ciel Nr. 11 (Par ce que j'ai souffert) | 00:02:34 |
Alicia Keys | ||
15 | Fallin' | 00:03:50 |
Monique Andrée Serf (Barbara) | ||
16 | Göttingen | 00:03:09 |
Interpreten der Einspielung
- Boulanger Trio (Klaviertrio)