Mozart
»Posthorn - Serenade«
Mozarteumorchester Salzburg • Reinhard Goebel

Berlin Classics 0303022BC
1 CD • 46min • 2021
10.05.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Diesmal dirigiert Reinhard Goebel, Professor für historische Aufführungspraxis am Salzburger Mozarteum, das Mozarteum Orchester in der fortlaufenden Aufnahmen-Reihe des Labels Berlin Classics. Dem Hauptwerk, Mozarts Posthornserenade KV 320, werden dabei zwei Märsche voran und nach gestellt und eine Aufführungssituation imaginiert, die der Mozartforscher Manfred Hermann Schmid beschreibt: Am Ende des Sommersemesters der Benediktiner-Universität spielen Studenten – und vielleicht auch Hofmusiker – eine Serenade, die im Hof von Schloss Mirabell beginnt, dann wird – unter Abspielung der Märsche – die Salzach überquert und alles vor der Kollegienkirche wiederholt. Die Aufnahme mit dem Mozarteum Orchester bringt dies alles zu höchster Anschauung bzw. Anhörung: so heiter-fröhlich, so munter-rege, ja so fast hüpfend vor Freude agieren die Musiker, immer wie mit einem Lächeln auf den Lippen (obwohl das natürlich bei Bläsern nicht möglich ist…), so farbenfroh und so dynamisch lebendig blasen die Bläser – Mozart hat für diese hyperkomplexe Unterhaltungsmusik drei Bläserpaare vorgesehen, die, wie Thomas Schipperges im „Mozart-Handbuch“ schreibt, „ein konzertierendes Linienspiel von wechselnder Farbigkeit“ bilden.
Vibrierende Hochspannung
Kompakt und homogen ist die Streichergruppe, blitzsauber und tonrein sind die Bläser und immer unter Hochspannung ist das gesamte Orchester. Goebel neigt ja immer zu schnellen Tempi: Fast immer sind seine Spielzeiten kürzer als die Vergleichs-Aufnahme mit Colin Davis und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (1986, bei Brilliant Classics): Wo Colin Davis immer gemütvolle Verweile-doch-Momente sucht, sucht Goebel die ständige vibrierende Hochspannung. Dann wird das Allegretto des 1. Menuetts fast zu einem Allegro, da wird das Abtauchen in Moll-Regionen überraschend und scharf akzentuiert – und erstaunlicherweise langsamer, ausdrucksvoller wie beim Andantino (Track 6).
Mit Geist und Witz
Die Vortragsbezeichnung „con spirito“, also mit Geist und Witz, wird hörbar umgesetzt im Kopfsatz der Serenade, die Alfred Einstein als einen musikalisch umgesetzten Streit zwischen dem aus Salzburg wegstrebenden Mozart-Flehen und der harschen Hierbleib-Antwort des Fürsterzbischofs Colloredo interpretiert, was aber hier elegant eingebettet ist in einen sprudelnden Allegro-Fluss. Fein schwingt das zweite Menuetto (Track 7), und der Hörer ist fast gezwungen mitzuschwingen, die Märsche kommen österreichisch federnd, ja fast unmilitärisch tänzelnd. Unmerklich ist das Flautino eingebaut im erwähnten Menuetto und eher wie zufällig ertönt plötzlich das Posthorn, das ja, obwohl es der Serenade den volkstümlichen Titel gibt, sonst keine große Rolle spielt – für Alfred Einstein schon, der diesem Posthorn Mozarts Sehnsucht zuschreibt: „…das in höchst primitiven Akkordtönen der Sehnsucht Wolfgangs humoristischen Ausdruck gibt – der Sehnsucht von Salzburg wegzukommen.“ (Alfred Einstein: Mozart. Sein Werk. Sein Charakter, Frankfurt am Main 1978, S. 213). Goebel hebt dies hervor, betont es aber nicht extra.
Das Klangbild ist natürlich, transparent und in seiner anspringenden Art auf akustische Überwältigung bedacht – eine bedachte Wirkung, die unmittelbar eintritt.
Rainer W. Janka [10.05.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Marsch Nr. 1 D-Dur KV 335 | 00:03:50 |
2 | Serenade Nr. 9 D-Dur KV 320 (Posthorn-Serenade) | 00:38:27 |
9 | Marsch Nr. 2 D-Dur KV 335 | 00:03:50 |
Interpreten der Einspielung
- Mozarteumorchester Salzburg (Orchester)
- Reinhard Goebel (Dirigent)