Cembalokonzerte
hänssler CLASSIC 92.128
1 CD • 56min • 1999
01.08.2000
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Fast zeitgleich sind im Vorfeld des Bach-Jubiläums zwei Gesamtaufnahmen der Cembalo-Konzerte des größten aller Thomaskantoren erschienen, die beide auf ihre Weise belegen wollen, daß man nicht unbedingt historische Instrumente braucht, um diese Musik stilistisch ansprechend zu spielen. Und sowohl die Cembalo-CDs in der Vergleichsaufnahme mit Helmut Müller-Brühl und dem Kölner Kammerorchester als auch Helmuth Rillings Aufnahme mit dem Bach-Collegium Stuttgart (im Rahmen der edition bachakademie von Hänssler) sind ein ausreichender Beweis für die oft gehörte These. Denn beide Aufnahmen lassen deutlich erkennen, daß die Erkenntnisse der Historisten auch bei Müller-Brühl und Rilling, die stets Ensembles mit modernen Instrumenten dirigierten, Spuren hinterlassen haben: Da wird munter kleinräumig phrasiert, eine lebendige, atmende Gestaltung erinnert an das Schlagwort der "Musik als Klangrede", die Tempi machen so manchem in der Originalklang-Szene Konkurrenz.
Für die Gemeinsamkeiten der beiden Aufnahmen sorgen jedoch auch die Cembalisten. Obwohl Robert Levin sonst deutlich öfter als Robert Hill zum Steinway greift und aus seinem Platz zwischen allen Stühlen keinen Hehl macht, ist auch er ein Meister des Cembalos: Gerade den Mittelsätzen entlockt der Amerikaner eine Klangpracht, die ihresgleichen sucht und kaum etwas mit dem sterilen Gezirpe, das oft fälschlich als "authentisch" verkauft wird, zu tun hat. Daß Levin und Hill sich dabei klanglich recht nahe stehen, zeigen allein schon die Aufnahmen, die beide für die edition bachakademie vorlegten.
Die Entscheidung zwischen Naxos und Hänssler ist deshalb Geschmackssache und rückt kleinste Details in den Vordergrund: Beispielsweise geht der im D-Dur-Konzert BWV 1054 so verspielt und tänzelnd wirkende Levin im F-Dur-Konzert BWV 1057 plötzlich ungemein statisch und ernst ans Werk, während Hill hier mit Witz und Tatendrang nach vorne stürmt und dabei punktet. Sicher hat daran auch Helmuth Rilling einen Anteil: Er scheint im Eingangssatz des Konzertes das Bach-Collegium fast durchgehend zu bremsen und entwirft so statt der flockigen Begleitung, wie sie Müller-Brühl vorführt, einen üppigen Streicher-Teppich, über dem sich die konzertierenden Instrumenten-Gruppen problemlos ausbreiten können.
Kaum Unterschiede gibt's in Fertigung und Klang: Bei der edition bachakademie wird die Rilling-Truppe deutlicher im kammermusikalischen Gewand und angenehm vordergründig präsentiert, während man bei Naxos eher auf Volumen und Tiefe acht gibt. Und Michael Märkers fundierte Einführungstexte bei Hänssler sind ebenso aufschlußreich wie Peter Wollnys Kommentare bei Naxos.
Hagen Kunze [01.08.2000]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Konzert Nr. 4 A-Dur BWV 1055 für Klavier und Orchester | |
2 | Cembalokonzert Nr. 5 f-Moll BWV 1056 | |
3 | Cembalokonzert Nr. 6 F-Dur BWV 1057 | |
4 | Cembalokonzert Nr. 7 g-Moll BWV 1058 |
Interpreten der Einspielung
- Robert Levin (Cembalo)
- Bach Collegium Stuttgart (Orchester)
- Helmuth Rilling (Dirigent)