
Warner Fonit 0927 43617-5
2 CD • 2h 17min • 1955
14.03.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Diese Aufnahme von Donizettis ursprünglicher französischer Oper La favorite ist ein typisches Zeitprodukt. Als diese RAI-Produktion – die erste der italienischen Version des Werks überhaupt – entstanden ist, hatte sich längst diese in vielen Punkten fragwürdige Fassung durchgesetzt, mit ebenso fragwürdigen Konsequenzen für Gesangs- und Darstellungsstil. Léonor, einst die bedeutendste Mezzorolle vor Amneris und Eboli, war inzwischen umgeprägt und dramatisiert worden zu einer Parallelfigur dieser beiden Verdi-Partien: statt sich introvertiert und zurückhaltend zu äußern, pflegt Leonora einen kraftbetonten, auf extravertierten Stimmeinsatz ausgelegten Vortragsstil. So gesehen, erfüllt Fedora Barbieri diese Vorgaben exemplarisch: füllig, pastos und klangvoll ist ihr Timbre, temperamentvoll und expressiv ihre Phrasierung, glanzvoll und auftrumpfend ihre Darstellung. Der junge Gianni Raimondi beeindruckt mit frischem, hellem Tenorklang und sicheren Spitzentönen. Aber auch er übergeht jede Chiaroscuro-Schattierung, verschenkt jede Möglichkeit zu melancholischer Inflektion, ist vielmehr bedacht auf selbstdarstellerischen Tenorismo. Giulio Neri versucht gar nicht erst, seinen wie aus tiefsten Abgründen herauforgelnden tiefschwarzen Basstönen eine pastoral-väterliche Klangqualität abzugewinnen, sondern konzentriert sich ganz auf eine Tonproduktion zwischen Forte und Fortissimo – hörenswert allerdings sein tiefes C im Bass-Solo „Splendon più bel in ciel le stelle“. Der einzige der vier Protagonisten, der stilistisch die französische Vergangenheit von Donizettis Oper zu evozieren vermag, ist Carlo Tagliabue. Leider ist er zu diesem Zeitpunkt bereits über seinen stimmlichen Zenit deutlich hinaus, klingt im Timbre stark angegraut und in der Höhe stumpf. Aber nach wie vor demonstriert er, über welch exzellentes gesangstechnisches Rüstzeug er gebietet, vor allem über eine exemplarische Voix mixte und eine perfekte Messa di voce, d.h. die Fähigkeit, einen Ton aus dem Pianissimo übergangslos ins Forte zu crescendieren oder umgekehrt zu decrescendieren. Auch dank seiner erlesenen Legatokunst geraten ihm Solostücke wie „Vien, Leonora“ zu Glanzpunkten der Aufnahme, die in einem Atemzug zu nennen sind mit den großen historischen Einspielungen eines Mattia Battistini oder Pasquale Amato. Vom Dirigenten Angelo Questa bleibt wenig mehr zu melden, als daß er das Nötigste tut, aber so gut wie nicht in Erscheinung tritt.
Kurt Malisch † [14.03.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Gaetano Donizetti | ||
1 | La favorita (italienische Fassung) |
Interpreten der Einspielung
- Fedora Barbieri (Leonora di Gusman - Mezzosopran)
- Gianni Raimondi (Fernando - Tenor)
- Carlo Tagliabue (Alfonso XI - Bariton)
- Giulio Neri (Baldassarre - Bass)
- Mariano Caruso (Don Gasparo - Tenor)
- Loretta Di Lelio (Ines - Sopran)
- Orchestra Sinfonica di Torino della RAI (Orchester)
- Angelo Questa (Dirigent)