Hungaroton HDVD 32421
1 DVD-Video • 2h 32min • [P] 2005
23.03.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wohl kaum ein Werk wäre weniger geeignet für eine DVD-Produktion als diese sechs Solowerke. Wenn es wenigstens eine abwechslungsreiche, spannende Dramaturgie gäbe! Aber man hat den Cellisten in ein Studio verfrachtet, ihn auf ein viereckiges Podium gesetzt und den Raum dann dekorativ mit ein paar herumliegenden Celli arrangiert. Eine außermusikalische Gliederung des Vortrags gibt es allenfalls durch die Beleuchtung und die Kameraführung, die für jede Suite anders arrangiert sind. Doch das Ergebnis ist so langweilig, daß ich die DVD nicht auf einmal ansehen konnte; ich habe sie in sechs Folgen unterteilt: eine Suite im Dunklen, eine im Hellen, eine mit dem Solisten von links, von vorne, von rechts...
Miklós Perényi war auch schon vor zehn Jahren – denn so alt ist diese Produktion – ohne Zweifel ein vorzüglicher Cellist, aber die Gabe zur barocken Klangrede, wie sie Nikolaus Harnoncourt einst von den Interpreten forderte, ist nicht die seine. Das gereicht der Produktion noch mehr zum Nachteil, wenn man das Bild abschaltet und sich auf die in passabler Studiotechnik präsentierte Audio-Wiedergabe konzentriert. Die Darbietung wirkt auf heutige, Barockmusik-gewöhnte Ohren ausgesprochen reaktionär, mit viel Vibrato, viel Sentimentalität in den langsamen Teilen und wenig abwechslungsreicher Dynamik – mithin sehr undifferenziert. Bei mir entstand der Eindruck, daß selbst den Solisten angesichts dieses Studiomarathons irgendwann die Langeweile übermannt hat. Besonders erschütternd ist, daß Perényi den Charakter der vielfältigen Barock-Tänze oft verfehlt. Man vergleiche sein Spiel mit der immerhin sechs Jahre früher entstandenen ersten CD-Einspielung von Pieter Wispelwey auf dem Barock-Cello (Collins Classics, 1990; vergriffen). Wer das Glück hatte, in den letzten Jahren Wispelwey mit einer seiner seltenen konzertanten Gesamtaufführungen der Bach-Suiten live zu hören, wird bei dieser DVD das Gesicht verziehen. Und daß man als Cellist kein Originalklang-Verfechter sein muß, um vorzüglich Bach zu spielen, beweist beispielsweise Tanja Tetzlaff, die Sätze aus Bachs Suiten sehr oft als Zugabe in ihren Konzertauftritten spielt und von der ich mir eine Gesamt-Einspielung wünschen würde.
Die Ausstattung dieser DVD ist spartanisch; es gibt einen kurzen Anhang mit der Biographie und Discographie von Perényi. Immerhin ist die Navigation (in Ungarisch, Deutsch, Englisch und Französisch) problemlos, und die sechs Tracks haben Indexnummern pro Satz (die im Booklet nicht mitgeteilt werden). Mit dieser Produktion hat man weder dem Cellisten – den ich insbesondere mit den Cellosonaten von Kodaly (Hungaroton 531046) in vorzüglicher Erinnerung habe – noch dem Werk Bachs einen Gefallen getan.
Vergleichseinspielung: Pieter Wispelwey, Channel Classics/Helikon CCS 12298 (2 CDs, DDD, 1998)
Dr. Benjamin G. Cohrs [23.03.2006]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Suite Nr. 1 G-Dur BWV 1007 für Violoncello solo | |
2 | Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 für Violoncello solo | |
3 | Suite Nr. 3 C-Dur BWV 1009 für Violoncello solo | |
4 | Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 für Violoncello solo | |
5 | Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 für Violoncello solo | |
6 | Suite Nr. 6 D-Dur BWV 1012 für Violoncello solo |
Interpreten der Einspielung
- Miklós Perényi (Violoncello)