Historische Orgeln in der Schweiz (Vol. 1)
Werke von Speth, Froberger, Pachelbel, Fischer, Murschhauser, Zipoli, Pasquini, Bach
Sinus Sin 6001
1 CD • 67min • 1994
01.09.1998
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Kennen Sie Franz Joseph Otter? Johann Jakob Weber? Jakob Bommer? Bei diesen drei Herren handelt es sich um Orgelbauer, genauer um Erbauer historischer Orgeln, wie wir sie noch heute in der Schweiz bewundern können. Insgesamt 17 solcher historischer Instrumente „featured“ der Schweizer Organist Albert Bolliger in seiner inzwischen fünf CDs umfassenden Reihe „Historische Orgeln in der Schweiz“. Bolliger – bekanntgeworden unter anderem durch seine Einspielungen an der Bambusorgel von Las Piñas (Philippinen), der „Valeria“ als ältester Orgel der Welt, aber auch durch seine Pachelbel-Aufnahmen an den Ottobeurer Riepp-Orgeln – setzt mit dieser kleinen Schweizer Anthologie einen weiteren Akzent auf ein Thema, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Denn Orgeln sind von jeher Sammlerstücke, in dem Sinne, daß sie Unikate darstellen und nicht nur interessante Rückschlüsse auf musikalische Gepflogenheiten und Geschmäcker ermöglichen, sondern dem einzelnen Werk immer auch ihre ureigenste „Persönlichkeit“ aufprägen.
Wenn auch nicht alle der hier vorgestellten Instrumente „Stradivaris“ oder „Guarneris“ sind, so sind sie doch wertvolle Kleinode kirchenmusikalischer Tradition, im vorliegenden Fall mit deutlicher süddeutsch-alpenländischer Prägung. Diese besteht beispielsweise in der Prominenz „lieblicher“ Register wie Streicherstimmen, Schwebungen oder doppelt labierter Pfeifen – aber auch in manch konservativem Detail wie dem häufigen Beibehalten sogenannter „kurzer Oktaven“ oder „gebrochener Tasten“ mitsamt zugehöriger mitteltöniger Stimmung. Attribute, wie sie insbesondere die historische Orgel von St. Urban in sich vereinigt, mit 40 Registern eines der imposantesten Instrumente in Bolligers Sammlung. Fertiggestellt 1721 durch die Firma Bossard, dokumentiert dieses dreimanualige Werk nicht nur auf akustischer Ebene Tendenzen in Richtung aufkommender „Empfindsamkeit“, sondern auch in optisch-ästhetischer Hinsicht. Auffallend ist allein der extravagante Prospekt, mit dem der Orgelbauer erstmals versuchte, auf die Gesamtarchitektur des Raumes einzugehen und sein Instrument Teil dieses Konzeptes werden zu lassen. (Ein Pendant hierzu findet sich in der ungleich populäreren Gabler-Orgel von Weingarten). Die eigenwillige Gestaltung des Oberwerks, das mit einem vertikalen und zwei quergelegten (!) Kreuzen das Wappen des auftraggebenden Abtes nachbildet, tut hier ein übriges.
Daß es sich bei den hier eingespielten Stücken tendenziell eher um eine Ansammlung kürzerer Beispiele – mitunter auch von sogenannten „Kleinmeistern“ – handelt, liegt in der Natur der Sache. Denn Bolliger geht es in erster Linie um die Profilierung der Instrumente. Und die läßt sich eben mit einem Ricercare von Johann Jakob Froberger (Vol.1), einem Stück zur Harpfen Uhr von Franz Benda (Vol. 2) oder einer Noël von Jean-François Dandrieu (Vol. 4) besser bewerkstelligen als mit dem Abspulen populärer „Reißer“. So sorgt Bolligers auch textlich umfassend dokumentierte Reihe gleich für zweierlei: sie entführt uns in eine bislang wenig bekannte Orgellandschaft und erweckt gleichzeitig eine gewisse Neugier auf Un-Erhörtes. Einziger kleiner Wermutstropfen (Fluch des Technologie-Zeitalters): gelegentlich sind kleine Schnitte hörbar – stellvertretend gewissermaßen für das Geklapper des Registranten!
Matthias Keller [01.09.1998]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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Interpreten der Einspielung
- Albert Bolliger (Orgel)