street music
duo slaatto reinecke
Ambitus amb 96 882
1 CD • 59min • 2005
29.11.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Geige und Bassgeige sind keine irgendwie skurrile Duo-Kombination – es ist eine starke Konstellation, die die Persönlichkeit möglicher Komponisten mit einer geradezu magnetischen Intensität fordert, vergleichbar dem Zusammenspiel von Nordpol und Südpol. Die sieben hier versammelten Komponisten geben in ihren für das Duo Slaatto-Reinecke geschriebenen Werken durchschlagend und musikalisch sprechend Zeugnis von der elementaren Stofflichkeit und Direktheit der Instrumente, die gegensätzlicher nicht sein können und sich doch in ihrer Verankerung in Erde und Himmel die Hand reichen, wobei es, wie hier in einigen Augenblicken, auch zum kreativen Blitzschlag kommen kann. Etwa in Manfred Stahnkes Streetmusic II, einer quicklebendigen Trauermusik, die in ihren immer wieder melancholisch durchsetzten Beats zeigt, wie eine zeitnahe, gestisch und rhythmisch höchst persönliche Stilistik emotional, menschlich und modern im besten Sinne sein kann. Stahnkes Duo entstand zum Gedenken an die Hamburger Malerin Hadmut Oelke, deren Atelier auch ein musikalischer Ort war, wobei Stahnkes (Jg. 1951) Werk hier geradezu ein exemplarisches Beispiel dafür ist, dass in Hamburg eine andere Art „neuer“ Musik entwickelt wurde als in den bekannten mitteleuropäischen Zentren der musikalischen Avantgarde. Aber auch Nicolaus Richter de Vroe spricht hier eine so zeitnahe wie direkt eindringliche Sprache, dass stilistische Einordnungsversuche (wie etwa Postminimalismus) am Kern der Musik vorbeigehen. Erkki-Sven Tüürs (Jg. 1959) Klangzaubereien wiederum überzeugen in der Art und Weise, wie subtil vergeistigte Rockmusik-Gesten sich mit post-Ligeti-Streicher-Filigran kleiden, während die drei Duos Erhan Sanris (Jg. 1957) jeweils eigene Topographien der Violin-Kontrabass-Konstellation erschaffen, versehen mit comiquehaften Titeln wie Regenwurm quetscht sich durchs Nadelöhr. Hanna Kulentys (Jg. 1961) und Thüring Bräms (Jg. 1944) Duos sprechen in ihrer musikalischen Klarheit und lyrischen Expressivität unmittelbar an, während die gewiß originellen fünf Nadeldruckchoräle des Konzeptkünstlers Wolfgang Heisig (Jg. 1952) eher spaßige Zugaben mit einem gewissen Eintagsfliegen-Charakter sind. Aber wie dem auch sei, Helge Slaatto und Frank Reinecke spielen nicht nur hinreißend, sie haben mit der Anregung dieser Kompositionen auch Großes geleistet!
Hans-Christian v. Dadelsen [29.11.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Nicolaus Richter de Vroe | ||
1 | Innere Wiener Straße | |
Manfred Stahnke | ||
2 | Streetmusic II: Hadmut Oelke zum Gedächtnis | |
Erkki-Sven Tüür | ||
3 | Symbiosis | |
Erhan Sanri | ||
4 | Sonnenbrand hinter dem Rolladen | |
5 | Regenwurm quetscht sich durchs Nadelöhr | |
6 | Gefühlsausbrüche | |
Hanna Kulenty | ||
7 | Going Up 1 | |
Thüring Bräm | ||
8 | Aria | |
Wolfgang Heisig | ||
9 | Schuhsohle (Nadeldruckchoral) | |
10 | Entropie von Hänschen klein | |
11 | EKG | |
12 | Nicht hinauslehnen | |
13 | 12 Silben für N.N. |
Interpreten der Einspielung
- Helge Slaatto (Violine)
- Frank Reinecke (Kontrabass)
- Nicolai Slaatto (Schlagzeug)