Clytus Gottwald Transkriptionen
Carus 83.181
1 CD • 64min • 2003-2006
31.01.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Idee, Konzept und Realisierung bilden hier eine optimale Synthese: Clytus Gottwald (Jg. 1925), dem führenden Kopf einer modernen, avantgardistisch, zugleich elitären (Berufs-) Chorpflege vor dem Hintergrund soliden musikwissenschaftlichen Fachwissens und international künstlerisch-kreativer Kompetenz, wird mit der vorliegenden CD ein repräsentatives Klangporträt gewidmet. Nicht nur die „Perspektive“ des Programmes, vom Komponisten selber so bezeichnet, lädt zu einem intensiven Zuhören ein, sondern vor allem die an Perfektion schwerlich zu überbietende Interpretationsleistung des SWR-Ensembles unter der Leitung des gegenwärtigen Spitzendirigenten Marcus Creed. Clytus Gottwald war selber der langjährige verdiente Leiter dieser ausgezeichneten Sängertruppe, so daß sowohl das Ausschöpfen aller nur denkbaren Raffinessen chorischer Möglichkeiten wie auch der Einsatz kompositorischer a-cappella-Mittel hier ein absolut authentisches Abbild seiner kompositorischen Intentionen gewährleistet.
Folgerichtig braucht der Komponist keine Rücksicht auf vokaltechnische Grenzen „normaler“ Laienchöre zu nehmen und erreicht dadurch alle von ihm offensichtlich angestrebten Grenzüberschreitungen an 8- bis 19-stimmigen Klangmixturen, Intervallsprüngen und extremen Tonregistern. Es ist faszinierend zu erleben, welche Farben- und Ausdrucksvielfalt von impressionistischer Sensibilität bis zu expressiver Härte der Stil und Charakter von Gottwalds „Transkriptionen“ umfasst. Eindeutiger noch als der vom Komponisten gewählte Begriff „Transkriptionen“ träfe die Umschreibung als formale und ideenreiche Neu- und Nachschöpfungen zu, deren ideelle Vorlagen – siehe Titelangaben – vom Hörer (wenn er sie denn kennt) bei aller Kompliziertheit der Partituren nachempfunden werden können.
Einzige Einschränkung der von Clytus Gottwald selektierten und kompilierten Vorlagen ist deren einander ähnelnde Thematik: Schwermut, Vergänglichkeit, Klage, Schmerz oder eine durch die großräumig transzendierende Halltechnik verklärte mystische Versenkung. In der Summe schaffen diese Grundeinstellungen ein ästhetisches Ergebnis und Erlebnis, für die sich die durchweg Dissonanz-geschärfte Anlage aller Sätze als eine zeitgemäß ideale und überzeugende Ausdrucksform erweist. Selbstredend bleiben Freude, Jubel und rhythmische Eskapaden ausgeklammert. Selbst Ravels Tal der Glocken, Originalvorlage ist der letzte Satz aus dem Klavierzyklus Miroirs, hat der Komponist für die Chorfantasie die dritte Strophe aus Paul Verlaines Gedicht Nevermore unterlegt: Glück als „geflügelter Reisender, der einer Annäherung des Menschen aus dem Wege geht" („évite les approches“). Man könnte diese Worte als ein Motto des gesamten Inhaltes der CD deuten.
Dr. Gerhard Pätzig [31.01.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Maurice Ravel | ||
1 | Soupir (Bearb. für Chor a cappella) | |
2 | La vallée des cloches (Bearb. für Chor a cappella) | |
André Caplet | ||
3 | Trois Fragments du Miroir de Jésus (Bearb. für Chor a cappella) | |
Olivier Messiaen | ||
4 | Louange à l'Éternité de Jésus (Bearb. für Chor a cappella) | |
Claude Debussy | ||
5 | Soupir (Bearb. für Chor a cappella) | |
Alban Berg | ||
6 | Die Nachtigall (Bearb. für Chor a cappella) | |
7 | Im Zimmer (Bearb. für Chor a cappella) | |
8 | Traumgekrönt (Bearb. für Chor a cappella) | |
Heinz Holliger | ||
9 | Vöglein Schwermut (Bearb. für Chor a cappella) | |
10 | Herbst (Bearb. für Chor a cappella) | |
Richard Wagner | ||
11 | Im Treibhaus (Bearb. für Chor a cappella) | |
12 | Träume (Bearb. für Chor a cappella) | |
Gustav Mahler | ||
13 | Ich bin der Welt abhanden gekommen |
Interpreten der Einspielung
- SWR Vokalensemble Stuttgart (Chor)
- Marcus Creed (Dirigent)