Profil PH07014
2 CD • 1h 30min • 1994
13.09.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Colin Davis hat sich in den Sechziger Jahren vor allem als Berlioz-Dirigent einen Namen gemacht. Insofern ist er selbst wohl seine beste Konkurrenz. Hört man allerdings seine legendäre Produktion des Requiem aus der Westminster Cathedral vom November 1969 (Philips 416 285-2) im Vergleich mit dem hier veröffentlichten Live-Mitschnitt aus der Dresdner Frauenkirche vom 14. Februar 1994, SO schneidet dieser weitaus besser ab – wenn auch nicht deshalb, weil sich die Interpretation des Dirigenten in 25 Jahren sehr verändert hätte. Das beginnt mit dem Klang. Die Tontechniker haben hier Großartiges geleistet: Drei Chöre mit etwa 370 Mitwirkenden sowie das riesige Orchester mit seinen vier Ferngruppen (ein Foto vom Konzert im Booklet vermittelt einen Eindruck davon) im Altarraum und auf mehreren Emporen auf einer Zweikanal-CD derart natürlich, räumlich, präsent, ausbalanciert und dynamisch kontrastreich herüber zu bringen – Hut ab! Schwer wiegt auch, daß es sich um einen wohl weitgehend authentischen Live-Mitschnitt handelt, da, wie das Booklet mitteilt, am ersten der beiden Konzerttage aufgrund klirrender Kälte der Strom für die Technik ausgefallen war. Man hätte also allenfalls eine intern mitgeschnittene Generalprobe für Nachbesserungen verwenden können. Vor allem jedoch hatte diese Aufführung eine Intensität und Spannung, wie sie nur selten zu erleben ist – eine Sternstunde aller Beteiligten: Die Chöre agierten hellwach, sangen gut verständlich, entwickelten ein herrlich tragendes pianissimo ebenso wie, wo erforderlich, enorme Durchschlagskraft. Die Blechbläser spielten extrem kultiviert und klangschön (Gänsehäute erzeugend das Tuba mirum), vor allem in den Orchester-Tutti so zurückhaltend, das man sogar noch die Holzbläser hört, die unter den akustischen Verhältnissen in puncto Durchhörbarkeit für den Hörer am meisten leiden. Die Aufführung hält die enorme Spannung bis zum Ende, auch wenn im Agnus Dei zeitweise die Intonation gelitten hat – und dies war der einzige wirkliche musikalische Schwachpunkt. Aber wer die Verhältnisse solcher Konzerte kennt, hört über derlei hinweg – der musikalische Gewinn ist höher. Bedauerlich ist die etwas unglückliche Aufteilung der beiden CDs, die das eigentlich zur Sequenz gehörende Lacrymosa an den Beginn von CD II setzt. Eine Berücksichtigung der liturgischen Gliederung (also Beginn von CD II mit dem Offertorium) wäre musikalisch sinnvoller gewesen, da das Ende des Lacrymosa eine deutliche Zäsur setzt.
Dr. Benjamin G. Cohrs [13.09.2007]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Hector Berlioz | ||
1 | Grande messe des morts op. 5 (Requiem) |
Interpreten der Einspielung
- Keith Ikaia-Purdy (Tenor)
- Chor der Sächsischen Staatsoper Dresden (Chor)
- Sinfoniechor Dresden (Chor)
- Singakademie Dresden (Chor)
- Sächsische Staatskapelle Dresden (Orchester)
- Sir Colin Davis (Dirigent)