D. Buxtehude
In te, Domine, speravi
Cantatas and Motets
Accent ACC 24184
1 CD • 58min • 2006
08.04.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dietrich Buxtehude ist erst in den letzten fünfzig Jahren zu dem Nachruhm gekommen, den ein Komponist seiner Statur verdient. Zu seinen Lebzeiten sah das freilich anders aus: Der junge Johann Sebastian Bach bat sich vier Wochen Urlaub von der geistlichen Obrigkeit in Arnstadt aus, um (zu Fuß!) nach Lübeck zu reisen und den legendären Buxtehude, Organist der Marienkirche, spielen zu hören. Aus den vier Wochen wird ein Vierteljahr, prall gefüllt mit musikalischen Eindrücken, die alles übertreffen, was der junge Mann bisher gehört hat: Von festlicher Musik umrahmte Gottesdienste anlässlich des kürzlichen Todes von Kaiser Leopold I. und des Regierungsantritts seines Nachfolgers Joseph I. – hier begegnete der Reisende wohl zum ersten Mal in seinem Leben instrumentaler und vokaler Mehrchörigkeit, die den Kirchenraum von verschiedenen Emporen her durchflutet –, Buxtehudes berühmte Abendmusiken, musikalische Andachten, die seit 1646 in der Adventszeit stattfanden und geistliche Konzerte aus der Feder des Altmeisters präsentieren und schließlich lauschte er Buxtehude selbst, der trotz seiner 68 Jahre immer noch ein Virtuose auf der Orgel war. Als Bach zurück in die thüringische Provinz kam, begleitete er den Gemeindegesang nach norddeutscher Manier und die treuen Kirchenschäfchen kamen aus dem Takt. Auf die Vorwürfe seiner Obrigkeit bezüglich seines verwirrenden Orgelspiels und auf ihre Frage, warum er denn seinen Urlaub um ein Vielfaches überzogen habe, antwortete der jungen Mann patzig: "Um ein oder anderes in meiner Kunst zu begreifen." Nach der Lübecker Erfahrung war die Arnstädter Provinz für Bach unerträglich geworden, und so wird es sein Lebtag bleiben: Nur die Kapellmeisterstelle in Köthen bei dem kunstverständigen Fürsten Leopold wird ihm befriedigende Arbeitsmöglichkeiten bieten, sonst erlebte Bach Zeit seines Lebens Auseinandersetzungen mit Kleinlichkeiten, die seinem Verständnis vom Ernst musikalischer Arbeit zuwiderlaufen.
Warum ist er nicht in Lübeck geblieben? Man suchte doch nach einem Nachfolger für Buxtehude! Nun ja, es gab da die Klausel, dass man die Tochter des Vorgängers zu heiraten habe, wie Buxtehude es selbst getan hatte. Buxtehudes eigene Tochter dürfte ein abschreckendes Beispiel für eine solche Amt- und Familienzusammenführung gewesen sein, denn nicht nur Bach hat dankend abgelehnt, auch Händel flüchtete aus der Hansestadt.
Musikalisch wäre der Dienst in Lübeck für Bach das Paradies gewesen, Buxtehude jedenfalls hatte hier freiere Hand als sein junger Kollege jemals in Leipzig. Seine Kunst wurde geschätzt: Bevor die Kaufleute zu ihren Tagesgeschäften an die Börse gingen, erbauten sie sich in der Marienkirche an seinen Orgelkonzerten und zu den weit über Lübeck hinaus berühmten Abendmusiken fand sich gleichfalls eine breite und kenntnisreiche Hörerschaft ein.
Kantaten und Motetten für diese Gelegenheiten vereinigt Erik van Nevel auf seiner CD mit seinem Ensemble Currende. Geistliche Konzerte und Choralmotetten lassen vor den Ohren heutiger Hörer den Glanz und die geistliche Intensität von Buxtehudes Musik für diese Konzerte wieder aufleben, die gleichermaflen religiöses wie gesellschaftliches Ereignis waren. Wenn Buxtehude heute noch irgendeiner Rehabilitation als einer der bedeutendsten Komponisten der deutschen Musikgeschichte bedarf, dann leistet diese CD diese überfällige Aufgabe.
Detmar Huchting [08.04.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Dietrich Buxtehude | ||
1 | Cantate Domino BuxWV 12 (Psalm 96, 1-4) | 00:07:36 |
6 | Herzlich lieb hab ich dich, o Herr BuxWV 41 (Kantate) | 00:21:25 |
9 | In te, Domine, speravi BuxWV 53 | 00:02:09 |
10 | Jesu, meine Freude, meines Herzens Weide BWV 60 | 00:12:47 |
17 | Nimm von uns, Herr, du treuer Gott BuxWV 78 | 00:08:59 |
Interpreten der Einspielung
- Currende (Ensemble)
- Erik van Nevel (Leitung)