Joseph Haydn Concertos
Passacaille 953
1 CD • 74min • 2008
16.02.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nichts Neues? Haydns frühe Klavier- und Violinkonzerte haben bereits mehrfach ihre Würdigung durch weitgehend klangvolle Einspielungen gefunden. Dennoch gibt es Mißverständnisse. Haydns sogenannte „Klavierkonzerte, seine Erstlinge dieses Genres, werden immer wieder mit einem Cembalo besetzt. Dann aber klingen sie zirpend und viel zu dünn, wenn der oft schlichte Solopart mit einer typisch klassischen Orchesterkulisse ausgestattet wird. Soweit die Entstehungszeit mit Haydns erster Anstellung beim äußerst bescheidenen Hausorchesterchen vom Grafen Morzin in Lukavec bei Pilsen zusammenhängt, ist intime Kammermusik mit je zwei Violinen an den ersten und zweiten Pulten und nur je einer Viola, Violoncello und Kontrabaß angezeigt. Als Klavierinstrument kann nur eine entsprechend kleine Hausorgel mit verkürztem Manual und ohne Pedal in Frage gekommen sein. So jedenfalls hat es der Leiter der hier zu hörenden Solistengruppe (La Divina Armonia) anhand des Tonumfangs der Solopartien schlüssig nachgewiesen. Eine folgenreiche Entdeckung!
Nicht nur sind plötzlich die Verhältnisse der Klangbalance stimmig, sondern auch die stilistische Anlage erklärt sich damit folgerichtig aus dem biographischen Umfeld Haydns. Zu dieser Zeit, um 1765, ist er eben noch nicht der allen vertraute Klassiker. Schon gar nicht in Verbindung mit dem Klangapparat, wie man ihn von den Opernorchestern der Zeit kennt oder gar von der einst singulär großzügig besetzten Mannheimer Hofkapelle. Denn als Komponist hat Haydn buchstäblich „klein“ angefangen. Die Architektur seiner frühen Concerti orientiert sich an den barocken Ritornellformen. So ließe sich etwa der Largo-Satz aus dem F-Dur-Doppelkonzert für Violine und Kleinorgel Hob. XVIII: 6 nahezu unbemerkt mit Vivaldis Pizzicato-Stimmung in dessen Winter-Concerto Opus 8,4 der Vier Jahreszeiten austauschen. Zugleich wird damit aber auch der kreativ umgesetzte Erfahrungsschatz des experimentierenden jungen Haydn erkennbar.
Dies (und mehr) realisiert zu haben, ist das eigentlich Neue und Hörenswerte der vorliegenden Produktion.. Qualität, Spielfreude und Kompetenz aller Mitwirkenden der „Divina Armonia“, des Geigensolisten Stefano Barneschi, sowie Lorenzo Ghielmi als Ensemblegründer, Forscher, Leiter und Organist der Mailänder Basilika San Simpliciano mit Professur an der Schola Cantorum Basiliensis sprechen für sich. Gemeinsam verhelfen sie der Repertoire-Wiederbegegnung mit den vier frühen Haydn-Konzerten zu einer neuen, künstlerisch und musikhistorisch überzeugenden Sicht. Nicht zuletzt verdeutlicht so aber der Komponist selber unter den ihm einst auferlegten Bedingungen, daß er sich mit volksliednaher Thematik und origineller Motivarbeit vom Herkömmlichen bereits „vorklassisch“ abzuheben verstand.
Dr. Gerhard Pätzig [16.02.2009]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Joseph Haydn | ||
1 | Konzert Nr. 2 D-Dur Hob. XVIII:2 für Orgel und Streichorchester | |
4 | Violinkonzert G-Dur Hob. XVIIa:4 | 00:17:46 |
7 | Concerto F-Dur Hob. XVIII:6 für Orgel, Violine und Streicher | 00:18:53 |
10 | Orgelkonzert C-Dur Hob. XVII:10 | 00:11:37 |
Interpreten der Einspielung
- Lorenzo Ghielmi (Orgel)
- Stefano Barneschi (Violine)
- La Divina Armonia (Ensemble)