Works for Violoncello and Piano
Challenge Classics CC72358
1 CD • 66min • 2009
07.04.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Was die Two Songs of Sulamith des 1945 geborenen litauischen Komponisten Anatolijus Senderovas auszeichnet, kennzeichnet auch das weitere Repertoire auf dieser CD: Es handelt sich um eine überaus emotionale Musik, um ein immer wieder überraschendes Spiel mit Klangfarben, das von den Interpreten Jelena Ocic (Violoncello) und Federico Lovato (Klavier) ein Ausnutzen fast sämtlicher Möglichkeiten der Tongebung auf ihren Instrumenten erfordert – in Dmitri Kabalewskys Sonate B-Dur op. 71 genauso, wie in Alberto Ginasteras Sonate op. 49 und eben in den diese CD eröffnenden und auf alttestamentarische Motive, auf das Hohelied Salomons zurückgehenden Two Songs of Sulamith von Anatolijus Senderovas. Archaische Melodien voller orientalischer Einflüsse, dynamische, bisweilen obsessive Rhythmen und improvisatorisch anmutende Passagen, lyrische Momente und dramatische Entwicklungen sind die Merkmale dieser betörenden, wehmütigen und vitalen Lieder, deren gemäßigt moderner Tonsprache Jelena Ocic und Federico Lovato ein Höchstmaß an Ausdruckstiefe, an erzählerischem Vermögen abgewinnen. Dabei fasziniert die Cellistin mit einer ungemein variablen Tonformung zwischen Zerbrechlichkeit und Glut, zwischen Fahlem und Schneidendem. Am Flügel steht ihr aber in Sachen dramaturgischem Verständnis, Temperament und Klangfantasie ein aus dem gleichen Holz geschnitzter, absolut souveräner Mitgestalter zur Seite.
Davon profitiert selbstverständlich auch die 1962 entstandene Sonate B-Dur op. 71 von Dmitri Kabalewsky, einem der meistgespielten Komponisten der ehemaligen Sowjetunion. Nach wie vor ist sein kulturpolitischer Standort zweifelhaft. Im Gegensatz zu Kollegen wie Prokofieff oder Schostakowitsch hatte er nie unter Restriktionen zu leiden. Und doch klingt seine mit zarten Lyrismen, großen romantischen Gesten und leidenschaftlichen Impulsen, aber nur mit wenigen lichten Momenten gespickte Sonate, als komponiere da jemand um sein Leben. Man höre nur den Beginn (an Friedhofsglocken erinnernd), der zu melancholischen und aufwühlenden Abschnitten führt, dann die plötzlich und wie sarkastisch hereinbrechenden (Akkord-)Pizziccati des Cellos im schmerzvoll verhangenen Walzer oder die mit ausdrucksgesättigten Kantilenen gepaarte wilde Virtuosität des Finales. Jelena Ocic und Federico Lovato gelangen darin zu einem furiosen Dialog, zu einem bezwingenden gemeinsamen An- und Entspannen, das auch den ständig wechselnden Farbspielen, dem Esprit und dem Eruptiven der mit abstrakten, hochgradig stilisierten folkloristischen Elementen durchsetzten avantgardistischen Tonsprache der Sonate op. 49 des Argentiniers Ginastera nichts schuldig bleibt. Als hypnotisierend kann man vor allem das motorische Element bezeichnen, das Jelena Ocic und Federico Lovato zu einer funkensprühenden Musizierweise animiert. Von besänftigendem Charakter schließlich ist die Tango-„Zugabe“, Ginasteras bekanntes Canción al Arbol del Olvido op. 3/2 (Lied vom Baum des Vergessens) in einer Transkription des Cellisten Wolfgang Lehner, worin die beiden Interpreten nochmals ihre vorzügliche Klangsensibilität auszuspielen wissen.
Christof Jetzschke [07.04.2010]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Anatolijus Senderovas | ||
1 | Songs of Sulamithe (1992) | 00:11:41 |
3 | Sonate B-Dur op. 71 für Violoncello und Klavier | 00:10:56 |
Alberto Ginastera | ||
6 | Sonate op. 49 für Violoncello und Klavier | 00:21:55 |
10 | Canción al árbol del olvido op. 3 Nr. 2 | 00:03:15 |
Interpreten der Einspielung
- Jelena Ocic (Violoncello)
- Federico Lovato (Klavier)