Folia
Sony Classical 88697801132
1 CD • 59min • 2010
16.03.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Übermut tut manchmal gut! Unter dem Titel "Folia" springt Bratschenstar Nils Mönkemeyer dem Zuhörer schon auf dem Titelbild seiner neuesten CD entgegen. Der Künstler lädt zu einem teils ausgelassenen, teils beschaulichen Spaziergang durch die Welt des musikalischen Barocks ein. In übermütiger Stimmung leitet ein schmissiges Tambourin von Michel-Richard Delalande (1657-1726), Superintendent der Hofmusik beim Sonnenkönig in Versailles, die CD ein – gleich darauf wird's melancholisch mit dem Largo, das Telemanns stimmungsvolles Bratschenkonzert eröffnet. Im Zentrum der CD stehen, passend zum Titel, Corellis berühmte Folia-Variationen aus der Violinsonate op. 5, 12, die Mönkemeyer für seine tiefer singende Schwester der Geige angepasst hat; er lotet diese Variationen über das spanisch/portugiesische „Narren"-Thema in der enormen Breite ihrer Affekte und Effekte aus: vom würdevollen Schreiten bis zum halbirren Bockssprung.
Immer wieder lockern Ausflüge in die Versailler Welt Michel-Richard Delalandes das Hörerlebnis geistvoll auf, man spürt förmlich, wie den in ein steifes Zeremoniell gepressten Höflingen um Ludwig XIV. das Atmen leichter geworden sein muss, wenn sie Delalandes charmante Musik hörten.
Dass die Cembalokonzerte J. S. Bachs Übertragungen früherer Werke sind, ist heutzutage allgemein bekannt, die ursprüngliche Fassung als Violinkonzert ist inzwischen rekonstruiert worden. Die von Mönkemeyer eingespielte Version als Bratschenkonzert dürfte den alten Bach kaum beleidigt haben, so deutlich kommt die exzentrische Atmosphäre der Musik in Mönkemeyers Interpretation zum Ausdruck. Mit seinen auf die Spitze getriebenen konzertanten Antagonismen und Bachs virtuosem Spiel mit Dissonanzen passt dieses Konzert hervorragend in den thematischen Gesamtzusammenhang dieser CD.
In der Kammerakademie Potsdam hat Mönkemeyer vorzügliche Mitstreiter gefunden. Das Arbeitsfeld des Ensembles erstreckt sich von der historischen Aufführungspraxis bis zur zeitgenössischen Musik. Sowohl bei den Konzerten wie auch in den kammermusikalischen Stücken kann sich der Solist hier auf ebenso präzise wie aufmerksam mitgehende Musiker verlassen. So ist auf dieser CD eine überaus abwechslungsreiche und unterhaltsame musikalische Wanderung festgehalten, die abseits der ausgetretenen Pfade Gebiete erkundet, die für die Meisten thematisches Neuland sein dürften.
Detmar Huchting [16.03.2011]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Michel-Richard Delalande | ||
1 | Premier Tambourin (aus: Symphonies de Noél) | 00:01:30 |
Georg Philipp Telemann | ||
2 | Konzert G-Dur TWV 51:G9 für Viola, Streicher und Generalbass | 00:11:49 |
Michel-Richard Delalande | ||
6 | Ouverture (aus: Symphonies de Noél) | 00:07:17 |
7 | Air pour un Nyais et une Nyaise (aus: Symphonies de Noél) | 00:02:14 |
8 | Entrée de la Folie (aus: Symphonies de Noél) | 00:01:20 |
Arcangelo Corelli | ||
9 | Sonata op. 5 No. 12 for Recorder and basso continuo (La Folia) | 00:12:25 |
Michel-Richard Delalande | ||
10 | Air (aus: Symphonies de Noél) | 00:01:09 |
Johann Sebastian Bach | ||
11 | Konzert No. 1 d minor BWV 1052 for Harpsichord, Strings and basso continuo | |
Michel-Richard Delalande | ||
14 | Air de Paysan et de Paysanne (aus: Symphonies de Noél) | 00:00:52 |
Interpreten der Einspielung
- Nils Mönkemeyer (Viola)
- Kammerakademie Potsdam (Orchester)