Swinging Welte The Welte Mignon Mystery Vol. XVIII George Gershwin and others today playing their 1907-1928 interpretations
Tacet 200
1 CD • 57min • 2011
02.05.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Gewohnt „heutig" gibt sich und stellt sich dem Hörer auch die neueste „Welte Mignon Mystery"-Ausgabe dar. Wieder bewährt sich das von Tacet spürbar verfeinerte Verfahren, die urige Welte-Technik mit einem Konzertflügel unserer Tage zu verkuppeln, wodurch die alten, zum Teil abenteuerlichen, stets aber interessanten Rollenformate eine moderne Klangfaçon erhalten. Sie lassen sich sozusagen wie in die Gegenwart gebeamte Zeugnisse genießen, sie geben dem Musikfreund grünes Licht, sich die Taten längst verstorbener Meister aufgefrischt zu Gemüte zu führen. Hier nun sind es unter dem Titel „Swinging Welte" 18 in den Jahren von 1907 bis 1928 eingespielte Miniaturen aus dem amerikanischen Unterhaltungssektor. Pfiffige Stücke in der Tradition der beliebten Ragtime-Mode, Formate auf dem Niveau leicht gehobener Unterhaltung mit vereinzelten Ausflügen in sanftere Bezirke, zumindest jedoch im Tempo und im Rhythmus gebremste Studien des Verweilens und der lockeren Andächtigkeit.
Wer genau hinhört und in der Welt der Musik bereits ein wenig recherchiert hat, der wird sich an manchen Film erinnern, der wird auch prompt – und überrascht – den Mendelssohnschen Hochzeitsmarsch zur Kenntnis nehmen. Freilich in leichter Schräglage, so wie sie von Louis A. Hirsch in seiner The Wedding Glide-Geschichte – ganz dem Geschmack der Zeit entsprechend – in schalkhafter Fußnotenästhetik unter Strom gesetzt wurde. Orlan Merrigan bewährt sich hier auf Welte-Rolle Nr. 3545 als gefinkelter Tastenstipper, routiniert, genauer gesagt: lässig zupackend im Verlauf dieser schlüpfrigen Hochzeitspointe. Sie ist im Begleitheft als „One-Step from ‚The Passing Show of 1912' " verzeichnet. Und mit 3:49 von der Spieldauer her markiert sie einen guten Mittelwert dieser Auswahl.
Wer sich zunächst auf das übergreifende Motto dieser Edition verlässt, der wird davon ausgehen, eine Menge Gershwin-Aufnahmen zu erleben, umrankt von Darbietungen seiner damaligen Kollegen. Leider tritt Gershwin in der Welte-Hauptrolle nur dreimal in Erscheinung. Nicht mit eigenen Stücken, sondern mit Inventionen von Dave Stamper (Tulip Time), von Neil Moret (Yearning) und von Lee S. Roberts (Smiles). Er verhält sich etwas geschmeidiger im Vorwärtsduktus als etwa Hans Häuser mit einem Russian Rag von George Lee Cobb, in dessen knackigen Tonfolgen man eine russische Originalmelodie zu erkennen meint.
Genug der prinzipiellen Zustimmung für eine lehrreiche und eine knappe Stunde lang auch weitgehend amüsante Retrospektive. Denn eines darf, ja muss aus meiner Sicht der Dinge angemerkt werden: als Paket, also ohne Unterlass gehört, gehen die Swinging Examples dann doch ein wenig auf die Nerven. So wie es der unlängst verstorbene Allrounder Georg Kreisler im Rahmen seiner eingeschränkten Jazz-Begeisterung formuliert hat, es mangelt bei dieser Art von Tanzbretter- und Saloonmusik an verführerischem Legato, an Accellerandi und Diminuendi, an pianissimo-Passagen – kurzum: der Ausdrucksradius bleibt auf ein paar, wenn auch smarte Marotten eingeengt. Wen das nicht stört, der soll sich hiermit aufgefordert fühlen, mit dieser Folge 18 seinen Spaß zu haben.
Peter Cossé † [02.05.2012]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Charles Tobias | ||
1 | Just Another Day Wasted Away | 00:03:12 |
George Leo Cobb | ||
2 | Russian Rag | |
Walter Donaldson | ||
3 | Sam, The Old Akkordeon Man | 00:03:55 |
Kerry Mills | ||
4 | Whistling Rufus | 00:03:00 |
Al Sherman | ||
5 | When You Waltz | 00:03:30 |
Dave Stamper | ||
6 | Tulip Times | 00:02:11 |
Vincent Youmans | ||
7 | Sometimes I'm Happy | 00:03:48 |
Irving Berlin | ||
8 | Blue Skies | 00:03:27 |
Neil Moret | ||
9 | Yearning | 00:01:47 |
Louis A. Hirsch | ||
10 | Wedding Glide | 00:03:49 |
Irving Berlin | ||
11 | Just a Little Longer | 00:03:06 |
Cole Porter | ||
12 | I Am In Love Again | 00:03:08 |
Manuel Jovés | ||
13 | Pobre Percanta | 00:04:21 |
James Fred Hanley | ||
14 | Mine | 00:03:07 |
Sigmund Romberg | ||
15 | Will You Remember | 00:02:18 |
Lee S. Roberts | ||
16 | Smiles | 00:01:47 |
Sam Messenheimer | ||
17 | Idolizing | 00:03:27 |
Ray Henderson | ||
18 | So Blue | 00:04:21 |
Interpreten der Einspielung
- Howard Lutter (Klavier)
- Hans Häuser (Klavier)
- Frank Banta (Klavier)
- Earl Hampden (Klavier)
- Hans Sommer (Klavier)
- Orlando Merrigan (Klavier)
- Bobby Rice (Klavier)
- Ted Oliver (Klavier)
- George Gershwin (Klavier)