Wagner Wesendonck-Lieder
BIS 2022
1 CD/SACD stereo/surround • 68min • 2012
16.05.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dass Kammerorchester, wenn sie glauben, ihr Repertoire ausgeschöpft zu haben, gerne im Revier der großen Sinfonieorchester wildern, kommt auch hierzulande gelegentlich vor. Das 1995 gegründete, aus 38 regulären Mitgliedern bestehende Schwedische Kammerorchester hat diese Grenzüberschreitung unter dem Motto „Opening Doors“ mittlerweile zum Programm erhoben. Nach den Sinfonien von Dvorák, Bruckner, Brahms und Tschaikowsky ist es jetzt, fast folgerichtig, bei Richard Wagner angelangt.
Nur in einigen Fällen hat die Ausführung seiner Orchesterstücke durch eine kleinere Formation auch einen gewissen Erkenntniswert. Das Siegfried-Idyll, das Wagner 1870 anläßlich der Geburt seines Sohnes komponierte, verlangt a priori nach einer Kammerbesetzung. Im Falle der Meistersinger-Ouvertüre die man oft pompös-deutschtümelnd hört, zeigt das instrumentale Filigran reizvolle Facetten. In anderen Fällen, wie in der Holländer-Ouvertüre, die in zwei nicht bühnenüblichen Fassungen (der ersten und der letzten) vorgeführt wird, erkennt man dagegen die Grenzen eines musikalischen Blow-up-Effektes.
Thomas Dausgaard, seit 1997 Chefdirigent des Orchesters, durchschreitet Wagners Partituren mit entschiedenen Schritten, versagt sich jedes Verweilen und scheint Angst vor Pathos und zu viel Gefühl zu haben. Das mag man positiv als „Sachlichkeit“ definieren, es führt aber letztlich zur Nivellierung der Musik. Das Orchester hat, speziell im Holländer, einfach nichts zu erzählen.
Im Mittelpunkt des Interesses steht die Wiedergabe der fünf Lieder, die Richard Wagner 1857/58 auf Gedichte seiner Freundin Mathilde Wesendonck komponiert hat. Nina Stemme, heute international eine führende Sängerin des hochdramatischen Fachs, hat diese Lieder in der ursprünglichen Fassung mit Klavierbegleitung bereits 2005 aufgenommen. Nun, stimmlich weiter gewachsen, stellt sie sich der Orchesterversion in der gängigen Bearbeitung von Felix Mottl. Lediglich das letzte Lied, Träume, hat Wagner selbst instrumentiert. Er bezeichnete es, ebenso wie Im Treibhaus, als „Studie“ zu der in Arbeit befindlichen Oper Tristan und Isolde.
Als derartige Studien behandelt auch die Sängerin diese Lieder. Ohnehin nicht für besonders textplastische Interpretationen bekannt, lässt sie sich hier kaum auf die Liedinhalte ein. In vokaler Hinsicht ist sie dagegen um Differenzierung bemüht, gewinnt der sehr muskulös gewordenen, nicht mehr besonders flexiblen Stimme auch intime Farben und ansprechende piani ab. Doch vermittelt der eher instrumentale Vortragsstil nicht mehr als „Lieder ohne Worte“, und man ist mit der Version für Violine und Orchester, die Wagner seiner Freundin Mathilde im Treppenhaus der Villa Wesendonck als Geburtstagsständchen darbrachte, eben so gut bedient. Katarina Andreasson, Konzertmeisterin des Orchesters, spielt sie mit süßem, geschmeidigem Ton.
Ekkehard Pluta [16.05.2013]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Richard Wagner | ||
1 | Der fliegende Holländer | 00:08:37 |
2 | Wesendonck-Lieder WWV 91A | 00:18:58 |
7 | Der fliegende Holländer | 00:09:41 |
8 | Siegfried-Idyll E major WWV 103 | 00:16:56 |
9 | Träume (from: Wesendonck-Lieder) | 00:03:57 |
10 | Ouvertüre (aus: Die Meistersinger von Nürnberg) | 00:08:24 |
Interpreten der Einspielung
- Nina Stemme (Sopran)
- Swedish Chamber Orchestra (Orchester)
- Thomas Dausgaard (Dirigent)