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Besprechung CD

Am Samowar

Tango-Geschichten aus Russland

Querstand VKJK 1319

1 CD • 45min • 2012

18.10.2013

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Die allzu bekannte Verführungswirkung des Tango ist sein wirtschaftliches Alleinstellungsmerkmal, gleichzeitig aber auch seine größte Gefahr: Der alles beherrschende Effekt des klassischen Tangorhythmus (des 4/8-Taktes) und die stolzen, gezackten melodischen, harmonischen und instrumentalen Patterns, welche meist mit diesem einhergehen, wirken unmittelbar und gefallen mit derselben Direktheit, die eine reflektierende ästhetische Übersetzung scheinbar überflüssig macht. Doch je schneller der Tango gleichsam ins Blut geht, desto mehr entfernt er sich von jenem intellektuellen Vergnügen, das aller großen, ja, eigentlich aller wirklichen Musik abzugewinnen ist. Kein Tanz kann einen denken Menschen so schnell nerven wie der Tango.

Skepsis ist daher angebracht, wenn ein an sich ansprechend gestaltetes Album mit dem 50er-Jahre-Titel „Am Samowar“, illustriert mit dem obligatorischen schlanken Pärchen im Ausfallschritt, „Tango-Geschichten aus Rußland“ verspricht. Wie angenehm, dass diese Skepsis sich schon nach wenigen Minuten verflüchtigt. Die vier Musiker des Kibardin Quartetts spielen insgesamt neun Arrangements oder Originalkompositionen von Efim Jourist, dem berühmten ukrainischen Akkordeonisten und Bajan-Spieler, der 2007, übrigens genau an seinem Geburtstag, in Hamburg starb. Das geniale Moment der Vorlagen Jourists für das Kibardin Quartett ibesteht darin, dass das Tango-Klischee nie den alleinigen Grund zum Musizieren darstellt, sondern dass vielmehr in allen neun Stücken mit diesem Klischee gespielt wird. Die Notwendigkeit, das Klischee des Tangos zugunsten einem freien Spiel zu überkommen, wird quasi zum Anlaß des Musizierens. So changieren die Musiker in aufreizender Freiheit zwischen den Rhythmen, lassen den gezackten Stolz umstandslos übergehen in faules Laissez-faire („Tango pizzicato“, Tr. 4), nehmen fremde Stilebenen auf wie in „Russische Taverne“ (Tr. 8) oder komponieren förmlich mit den Klischees, die sich zu vielstimmigen Tableaus von Kommentaren über den Tango zusammenfügen (wenn sich etwa in „Ich danke Dir, mein Herz“, Tr. 1, verschiedene Tempoebenen überlagern). Etwas pointierter gesagt, wirkt dieses wunderbare Album geradezu heilsam gegen die Übersättigung durch den Tango, die allerorten zu grassieren scheint.

Prof. Michael B. Weiß [18.10.2013]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
trad.
1Ich danke Dir, mein Herz 00:04:15
2Erschöpfte Sonne 00:05:44
3Herbst 00:06:49
4Tango pizzicato 00:05:06
5Unvergesslicher Abend 00:03:24
6Wenn Du mich liebst 00:04:10
7Am Samowar 00:05:12
8Russische Taverne 00:05:56
9Hommage à Piazzolla 00:04:30

Interpreten der Einspielung

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