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Besprechung CD

Tacet 211

1 CD • 66min • 2013

02.10.2014

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Dass man das Genre eines neuen Albums nicht zweifelsfrei angeben kann, dass sich die darauf vorgestellte Musik der Einordnung entzieht, spricht zunächst einmal stark für diese. Die insgesamt sieben ausgewachsenen Stücke Roger Hanschels, die er unter dem Titel „Niederschlagsmengen“ zu einem größeren Zusammenhang versammelt hat, stellen keine veritable Neue Musik dar, dazu sind sie zu deutlich eklektisch und die mal eher modale, mal an Jazz-Mixturen orientierte Tonalität ist auch zu konstant stabil; das spricht aber wohlgemerkt nicht per se gegen diese Musik. Hier schlagen sich Jazz-Elemente nieder („Niederschläge“ trifft es also als Titel gut), aber auch klassische Allusionen, sublimiert Poppiges, Filmmusikalisches und Eigenes. Schießen also zwar verschiedenste kunstmusikalische und populäre Einflüsse zusammen, so paßt doch das schwammige Etikett „Crossover“ am allerwenigsten auf Hanschels Musik, und der informierte Begleittext Odilo Clausnitzers distanziert sich zu Recht davon: Denn dem ausgebildeten Saxophonisten Hanschel, Jahrgang 1964, gelingt tatsächlich eine Verschmelzung und Weiterführung der weit verstreuten Einflüsse, denen er sich in seiner intensiven Tätigkeit als Musiker bislang ausgesetzt sah.

Diesen Vorzug kann man schon daran erkennen, dass es in den einzelnen Stücken nie bei der bloßen Zitation einzelner Stile bleibt, sondern dass diese stets in verschiedene und für sich genommen originelle Situationen eingebunden und eingeschmolzen sind. Da mögen einzelne Momente vielleicht rhythmisch-metrisch etwas gleichförmig wirken, etwa die Siebener-Metren im Eingangsstück Regeneration & Blend, und manche Ostinato-Entwicklungen etwas Geduld erfordern wie in Söhne – die einzelnen Stationen müssen nie nur für sich wirken, sondern sind jeweils in interessante, zumindest aber vielschichtige formale Verläufe eingepaßt. Gerade im einleitenden Regeneration & Blend, das sich wegen seiner komplexen Vielgliedrigkeit als eine der stärksten Nummern entpuppt, passen die einzelnen Stationen gut zusammen: der anspringende Beginn mit den genannten unregelmäßigen Ostinati; dann die von Ferne an Beethoven, besonders an den der späten Quartette und Klaviersonaten, erinnernde langsame Faktur des Streichquartetts, die aufgefüllt wird durch das rastlose Arpeggieren des Saxophonisten, das in – für sich bläserisch hochvirtuoser – Zirkularatmung ausgeführt wird und damit ein Bild eines unendlichen, ein wenig ziellosen Gehetztseins entwirft; schließlich der ansprechende Effekt eines imitierten swingenden Jazz-Schlagzeugs, der rein durch Pizzicati erzeugt wird und das natürlich von Hanschel selbst höchst phantasievoll gespielte Alt-Saxophon begleitet.

Vom esoterischen Saxophonsolo (Change Follows Vision) über glasig wirkende Streicherakkorde (Fundamental Vibration Of the Inner Nowhere), die von einem melancholischen Saxophon durchschwommen werden, von klanglichen Übungen wie in Konstanten hin zum finalen meditativen Optimismus von Slow Pulsations stellen diese „Niederschlagsmengen“ tatsächlich eine Fülle von Möglichkeiten bereit, ein Streichquartett mit einem Blasinstrument zu verbinden und können so durchaus auch, wenn man seltene Längen ignoriert, im Ganzen gehört werden; etwas zu direkt wirkt freilich das Klangbild. Abgesehen von der Virtuosität Roger Hanschels ist schließlich das Auryn Quartet dafür zu bewundern, wie klangschön, lebendig artikulierend und selbstverständlich es dem Solisten folgt.

Prof. Michael B. Weiß [02.10.2014]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Roger Hanschel
1Niederschlagsmengen für Saxophon und Streichquartett 01:05:46

Interpreten der Einspielung

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