Anzeige

Teilen auf Facebook RSS-Feed Klassik Heute
Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

CD • SACD • DVD-Audio • DVD Video

Besprechung CD

Dumka

Editions Hortus 115

1 CD • 68min • 2014

15.12.2014

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Anlässlich einer Auswahl aus den Klavierwerken von Claude Debussy, die der junge japanische Pianist Kotaro Fukuma zuletzt vorlegte (Denon – Edition Hortus 113), fiel es mir nicht schwer, nicht nur zustimmende, sondern in manchen Wendungen begeisterte Töne anzuschlagen. Technischer Feinschliff, ein ausgeprägtes Gespür für klangliche Abmischungen und – besonders wichtig! – starke Empfänglichkeit für eine pianistisch-gestalterische Diktion, die der Verständlichkeit von Bildern und Abläufen in den verschiedenen Stücken vom ersten Takt an zu statten kam. Es war, als ob Fukuma die französische Musiksprache nicht nur souverän mit musikantischen Mitteln formulierte, sondern frei und mit großer Einfühlung in ihren atmosphärischen Verbindungen gleichsam ausatmete.

Mit seinem neuen russischen Programm unter der Überschrift „Dumka“ erweist sich Kotaro Fukuma meiner Ansicht nach als ein guter Fremdsprachenschüler. Es handelt sich um den ernsthaften Versuch, sich den tänzerischen, exzessiven, melancholischen und depressiven Stimmungen gewachsen zu zeigen, sie sozusagen im viel beschworenen Umfeld der „Russischen Seele“ glaubhaft zu gestalten. Hierzu bedarf es jedoch eines wärmeren, fülligeren Klavierklangs. Die Einspielung wirkt im Vergleich zur erwähnten Debussy-Edition recht trocken und in ihrer räumlichen Definition sehr sparsam ausgesteuert. Im Spiel vermag ein Interpret solche Nachteile unter günstigen „darstellerischen“ Umständen wettzumachen. Fukuma indes gelingt es nicht, etwa in den aggressiven Rahmenhandlungen der Islamey-Fantasie dem flinken – und sicher gehandhabten – Geknatter der Akkord- und Oktavserien wirkliche Wucht und klangliche Fülle zu verleihen. Hier und fast immer in dieser Werkfolge, wenn motorische Brillanz zur Debatte steht, konzentriert sich der Ausführende auf die mechanischen Abläufe, das heißt: er spielt messerscharf und zuverlässigst Klavier, aber es gelingt ihm nicht, einen Raum herzustellen, in dem das betreffende Stück seine akustische und erzählerische Heimat findet.

Welche Vielfalt in der musikalischen Argumentation, in der Auswertung und Bewältigung technischer Problemstellungen und welche Grenzwerte im Bereich virtuoser Superturbulenzen gerade im Umfeld der Islamey-Fantastik zu erreichen sind, haben die verschiedenen Einspielungen mit György Cziffra gezeigt. Und beispielhaft bleibt es auch, wie Cziffra – ähnlich seinem viel jüngeren Kollegen Andrei Gawrilov – die melodischen Sehnsüchte des Mittelteils zum Blühen und zum Seufzen bringt.

Klar und sicher in der Präzisierung satztechnischer Feinheiten und Hürden – wie etwa in den Repetitionssalven auf dem „Marktplatz von Limoges“ –, so „promeniert“ Kotaro Fukuma durch die virtuellen Ausstellungssäle der „Bilder“ von Mussorgsky. Überzeugend, weil sinnerhellend Bild beschreibend in den massiven und beschleunigten Passagen, weniger zutreffend, weil verhältnismäßig hell und positiv artikulierend in den „jüdischen“ und „philosophisch-sinnlichen“ Momenten, wie sie in den „Katakomben“ und in den leisen Bebungen der „Cum mortuis in lingua mortua“ –Szenerie gegeben sind.

Die für mich überzeugendste Abteilung dieser von Fukuma im Begleitheft persönlich kommentierten Aufnahmen ist die Feuervogel-Bearbeitung des italienischen Pianisten Guido Agosti (1901 – 1989). Mit den drei Sätzen – die „Danse infernale de Kastchei“, die zärtliche „Berceuse“ und das wuchtige „Finale“ – sind für die Ballett-Dramaturgie wichtige Charaktere ins rein pianistische Bild zu rücken. Fukuma gelingt dies mit rassigem Zugriff – allein: er kann, wie eingangs gesagt, infolge des beengten Klangbilds vor allem in der dynamischen Expansion des Finales nur bedingt seine Kräfte in „orchestralen“ Klang umsetzen.

Vergleichsaufnahmen: Islamey - Cziffra (1957, 1970 EMI 50999 213251 2), 1956 Appian APR/Hungaroton 7021, 1976 Foundation Cziffra 1-RCP-9607), Gawrilov (EMI 1C 065-03321), Graffman (Sony 88725462392/710), Cherkassky (Decca 433 651-2), Ciani (Dynamic CDS 55), Tryon (CBC Records MVCD 1065), Berezovsky (Teldec 4509-96516-2), Arrau (LP GHP 4001/2), Barere (2 Versionen - LP Archive Piano Recordings APR 7001), Ponti (Marco Polo 8.223127), Zhang (XL Presents 8371011585), El Bacha (Triton OVCT-00037), Gawrylyuk (DVD VAI 4433), Kempf (BIS SACD 1580), I. Eicher (gutingi 245).

Peter Cossé † [15.12.2014]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Modest Mussorgsky
1Bilder einer Ausstellung 00:33:53
Michael Glinka
17L' Alouette 00:05:24
Mily Alexejewitsch Balakirew
18Islamey op. 18 (orientalische Fantasie) – Presto con fuoco 00:08:43
Peter Tschaikowsky
19Dumka c-Moll op. 59 (Russische Bauernszene) 00:08:53
Igor Strawinsky
20L' Oiseau de feu (Bearb. für Klavier) 00:11:14

Interpreten der Einspielung

Das könnte Sie auch interessieren

16.03.2022
»zur Besprechung«

Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1
Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1

12.08.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1
Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1

10.04.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244
Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244

18.02.2020
»zur Besprechung«

Ludwig van Beethoven, Symphony No. 9 in D major / BIS
Ludwig van Beethoven, Symphony No. 9 in D major / BIS

Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet