Hilary Hahn Mozart 5, Vieuxtemps 4 Violin Concertos
DG 479 3956
1 CD • 60min • 2012, 2013
07.04.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Hilary Hahn schätzt die aparte Kombination. Im Fall ihrer neuesten CD-Edition hat das biographische Hintergründe: die 35jährige amerikanische Geigerin blickt auf ihre Wunderkind-Vergangenheit zurück. Genau ein Vierteljahrhundert zuvor hatte sie als Zehnjährige Mozarts letztes Violinkonzert KV 219 und das 4. Violinkonzert von Henri Vieuxtemps erarbeitet. Das war damals mit einem Wechsel ihrer Lehrer verbunden: die letzte Einstudierung bei Klara Berkov galt dem Vieuxtemps-Opus, derweil ihr Debüt bei Jascha Brodsky dem Mozart-Werk gewidmet war. Zu beiden Stücken hat Hilary Hahn eine unverbrüchliche Liebe bewahrt – es seien, meint sie, bis heute Grundpfeiler ihres aktiven Grundrepertoires geblieben. In der Tat: man spürt Vertrautheit mit diesen Kostproben der Klassik und der frühen Romantik, deren Gemeinsamkeit ja nicht zuletzt darin besteht, dass sie von erfahrenen Geigern geschrieben wurden (auch Mozart war zuerst Konzertmeister beim Salzburger Erzbischof Colloredo, bevor er sich vermehrt dem Klavier zuwandte).
75 Jahre liegen zwischen den beiden Konzerten, aber Hilary Hahn – das ist nun einmal ihr Stil – betont eher das Gemeinsame. Ich möchte es das dezente Auskosten nennen, für welches das schlackenlose, ja ätherische Musizieren der Künstlerin die ideale Voraussetzung bildet. Man fühlt sich in der Tat an Robert Schumanns Wort über den geigenden Vieuxtemps erinnert: „Wie eine Blume duftet dieses Spiel“. Aber natürlich ist sich Hilary Hahn der Gefahr betörender Einförmigkeit durchaus bewusst. Sie sucht die Kontraste, die Akzente – weniger im Großverlauf denn in der Nüance. Als Beispiel der „türkische“ Einbruch im Rondofinale des Mozart-Werks: ein kleines Plus an Kraft und Temperament und schon steht diese quasi exotische Passage pointiert vor uns. Hier herrscht perfektes Einverständnis mit der begleitenden Bremer Kammerphilharmonie unter Paavo Järvi – ein Glück, das sich bei Vieuxtemps mit der sinfonischen Besetzung nur noch bedingt einstellt.
Hilary Hahn nennt dieses Vieuxtemps-Konzert „opernhaft lyrisch“, wobei es das Gleichgewicht zwischen dem Kammermusikalischen und dem Dramatischen zu wahren gelte. Man tut der eminent begabten Künstlerin nicht Unrecht mit der Feststellung, dass ihr das erstere eine Spur näher liegt. Wenn schon Dramatik, dann eine Theatralik der verinnerlichten Art: eher anrührend denn aufwühlend. Der Komponist hat zwar Sätze gelegentlich mit „religioso“ und „marziale“ bildhaft benannt. Beides wird bei Hilary Hahn angedeutet, nicht aber forciert: religioso ohne Sentimentalisierung, derweil das Kämpferische im Finale seinen Marschcharakter mit Diskretion ausführt. Pointiert verkürzt: Virtuosität wird zu Einfühlsamkeit.
Mario Gerteis † [07.04.2015]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Konzert Nr. 5 A-Dur KV 219 für Violine und Orchester | 00:28:51 |
Henri Vieuxtemps | ||
4 | Konzert Nr. 4 d-Moll op. 31 für Violine und Orchester | 00:30:36 |
Interpreten der Einspielung
- Hilary Hahn (Violine)
- Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen (Orchester)
- Paavo Järvi (Dirigent)