Intermezzi del Verismo
cpo 777 953-2
1 CD • 51min • 2014
20.10.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Selbst von ernstzunehmenden Fachleuten wird die italienische Oper nach Verdi oft pauschal unter den Sammelbegriff „Verismo“ gebracht. Diese Etikettierung ist nicht nur ungenau, sondern in den meisten Fällen schlichtweg falsch. Der Verismo war am Ende des 19. Jahrhunderts nur einer unter vielen Versuchen, ein der Zeit entsprechendes Musikdrama zu schaffen und das absehbare Ende der traditionellen Oper für ein paar Jahre oder Jahrzehnte hinauszuzögern. Der Begriff, aus der Literatur entlehnt, stand dort für Erzählungen und Dramen, die aus dem italienischen Alltagsleben der Gegenwart gegriffen waren. Das trifft weder auf die im französischen Rokoko spielenden Opern Manon Lescaut und Adriana Lecouvreur zu noch auf das neoromantische Mittelalter-Drama L’amore dei tre Re, schon gar nicht auf den Versuch Pietro Mascagnis, in Le maschere die Tradition der Commedia dell’arte wieder aufzunehmen. Musikhistorisch korrekt sind die Komponisten von Puccini bis Montemezzi der „giovane scuola“ zuzuordnen, von der zeitgenössischen deutschen Kritik wurden sie die „Jungitaliener“ genannt.
Auch der Titel „Intermezzi“ auf der vorliegenden Kollektion von Orchesterstücken aus dieser Ära ist nur mit Vorbehalt zu rechtfertigen. Teilweise handelt es sich um Preludien und in einem Fall um eine Ouvertüre im klassischen Sinne. Das „Intermezzo sinfonico“ hatte Mascagni in seinem Einakter Cavalleria rusticana an einem Wendepunkt der Handlung dramaturgisch geschickt eingebaut. Seine Kollegen machten es ihm nach, nur selten aus ebenso einleuchtendem Grund. Ein ruhiges Zwischenspiel des Orchesters inmitten einer dramatischen Handlung war dem Publikum immer willkommen.
Die Sammlung wird eingeleitet mit dem Preludio sinfonico in A, das der 24jährige Puccini während seiner Studienzeit schrieb – ein melodisch eingängiges, harmonisch anspruchsloses Stückchen, das keinen Bezug zu irgendeinem Bühnenwerk herstellen will. Auch ein Jugendwerk ist das Stimmungsbild „La Tregenda“ aus dem erfolglosen Opernerstling Le Villi. In vertraute Gefilde begibt man sich mit dem Intermezzo aus Manon Lescaut und auch die entsprechenden Stücke aus Cavalleria und Pagliacci dürfen hier natürlich nicht fehlen. Die Ouvertüre zu Le maschere im neoklassizistischen Stil ist eine beliebte Nummer in Sonntagskonzerten, auch wenn die dazu gehörende Oper kaum noch gespielt wird. Ermanno Wolf-Ferrari, der kurz darauf mit seinen Goldoni-Vertonungen diesen Neoklassizismus kultivierte, versuchte sich später an einem veristischen Stoff, I gioielli della Madonna (UA 1911 in Berlin), bleibt jedoch im hier zu hörenden Intermezzo II seinem Stil treu.
Das Philharmonische Orchester Graz unter seinem zupackenden Leiter Lodovico Zocche braucht sich bei der Wiedergabe der 12 bekannten und kaum bekannten Titel hinter den großen italienischen Orchestern nicht zu verstecken. Mein Einwand gegen die Interpretationen ist die Vereinheitlichung der Stile im Geiste des Verismo, die für feinere Farbvaleurs keinen Platz lässt. Und das italienische Aufnahmeteam „Realsound“ verstärkt diese Einförmigkeit durch einen aufdringlichen Breitwandklang, der das Vorurteil von „Kinomusik“ zu bestätigen scheint.
Das Booklet enthält einen sehr sachkundigen Kommentar von Eckhardt van den Hoogen.
Ekkehard Pluta [20.10.2015]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Giacomo Puccini | ||
1 | Preludio Sinfonico | 00:08:38 |
2 | La Tregenda (Hexentanz - aus: Le villi) | 00:03:55 |
3 | Intermezzo (3. Akt - aus: Manon Lescaut) | 00:04:43 |
4 | Intermezzo (aus: Suor Angelica) | 00:02:22 |
Pietro Mascagni | ||
5 | Intermezzo (aus: Cavalleria Rusticana) | 00:03:25 |
6 | Intermezzo (aus: L' amico Fritz) | 00:03:57 |
7 | Sinfonia (aus: Le maschere) | 00:07:27 |
Ruggero Leoncavallo | ||
8 | Intermezzo (aus: I Pagliacci) | 00:03:02 |
Umberto Giordano | ||
9 | Intermezzo (2. Akt - aus: Fedora) | 00:02:16 |
Francesco Cilèa | ||
10 | Intermezzo (2. Akt - aus: Adriana Lecouvreur) | 00:02:38 |
Ermanno Wolf Ferrari | ||
11 | Intermezzo II (aus: I gioielli della Madonna) | 00:03:37 |
Italo Montemezzi | ||
12 | Preludio (3. Akt - aus: L' amore dei Tre Re) | 00:04:21 |
Interpreten der Einspielung
- Grazer Philharmonisches Orchester (Orchester)
- Lodovico Zocche (Dirigent)