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Besprechung CD

Siegmund von Hausegger

Barbarossa • Drei Hymnen an die Nacht

cpo 777 666-2

1 CD • 70min • 2011

21.09.2017

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Die gewaltige, aus drei aufeinander bezogenen Tondichtungen gebildete Symphonie Barbarossa von 1898-99 war Siegmund von Hausegger zweite große Orchesterschöpfung nach der Dionysischen Phantasie von 1896. Sie ging in der Gesamtanlage weit über das Vorgängerwerk hinaus und war zunächst äußerst erfolgreich. Es ist ein frühes magnum opus über die Not, die Zuflucht im Traum und den Siegeswillen des deutschen Volkes – eine mit eherner Feierlichkeit dargebrachte Botschaft, die mit der ernüchternden Realität des Ersten Weltkriegs ihre Wirkung einbüßte und nie mehr jene Wirkung entfalten sollte, die ihrer damaligen Gesinnung entsprach. Die drei Sätze tragen die Titel Die Not des Volkes, Der Zauberberg und Erwachen. Unter diesen ist der aus unheimlichen Stimmungsbildern und extremen Gegensätzen dynamisch schlüssig geformte Zauberberg zweifellos am bedeutendsten und fesselt nach wie vor. Auch der Kopfsatz ist in seiner Architektur schlüssig und gewaltig im Aufbau. Auf das Finale trifft dies nicht zu. Hier tritt der trotzige Frohsinn, die Erlösung aus dem Joch durch eine Weber’sche Wende zu früh ein, und die abschließenden zwölf Minuten ermüden – obwohl durch abermalige Schlachtenschilderung und einen idyllischen Friedensfürst unterbrochen – in ihrem staatstragend patriotischen Jubel. Es geht mir hier ein bisschen wie beim Schluss von Pfitzners Von deutscher Seele – das mag einst der dräuenden Stimmung des Kollektivs entsprochen haben, doch wirkt es bei aller glänzenden Kunstfertigkeit heute wie auf tönernen Füßen errichtet. Zugleich ist Hauseggers schwindelerregende Erfindungskraft und Meisterschaft zuvorderst hinsichtlich der Orchestration durchweg extrem beeindruckend, und auch die Souveränität der Entfaltung des üppig überladenen Tonsatzes ist respektgebietend. Wer die deutsche Kapellmeistermusik um Strauss und Mahler wirklich kennen möchte, kommt nicht daran vorbei, sich mit dem Barbarossa zu beschäftigen, auch wenn Hausegger diese Orgie des sich selbst feiernden Deutschtums später in seinem viel kompakter, schlüssiger und durchweg spannungsgeladen entwickelten, auch das Archaische mächtiger artikulierenden Wieland der Schmied fraglos übertroffen hat und in der ‚Natursymphonie’, seinem tatsächlichen Meisterstück, schließlich die Erfüllung in einer Großform fand, die zu Strauss und Mahler ein eigenständiges Gegenbild entwirft. Was den Barbarossa überdies zu einem etwas bleifüßigen Riesen werden lässt, ist die offenkundige Abhängigkeit vom Wagnerismus. Dessen ungeachtet hat der kraftvolle erste Satz seine Meriten, und der Zauberberg ist es allemal wert, studiert und gehört zu werden.

Als Zugabe finden sich hier Drei Hymnen an die Nacht nach Gottfried Keller, in welchen der Komponist seine ganze lyrische und auch dramatische tonmalerische und schlüssig entwickelnde Kunst beweist. Die können sich gut neben Pfitzner und Strauss hören lassen, und Bariton Hans Christoph Begemann singt klar textverständlich und mit angemessenem Ausdruck. Wieder gelingt es Antony Hermus auch hier, diesmal mit den Symphonikern aus dem schwedischen Norrköping, das Orchester zu einer für Aufnahmeverhältnisse weit überdurchschnittlichen Leistung zu bewegen, was durch eine brillant ausleuchtende Klangregie unterstützt wird. Und wieder steuert Eckhardt van den Hoogen einen so umfangreich informierenden wie launigen Begleittext bei, der den Hörer in eine Zeit entführt, die von einem Nationalidealismus durchdrungen war, der uns heute geradezu mythologisch, aus fernen Vorzeiten germanischer Heldensagen abgeleitet, berührt. Aber vielleicht ist das alles ja doch immer noch viel gegenwärtiger, als es vordergründig scheinen mag.

Christoph Schlüren [21.09.2017]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Siegmund von Hausegger
1Barbarossa (Sinfonische Dichtung) 00:49:12
4Drei Hymnen an die Nacht für Bariton und Orchester (nach Gedichten von Gottfried Keller) 00:15:56

Interpreten der Einspielung

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