The Pochekin Brothers
The Unity of Opposites
Melody MEL CD 10 02534
1 CD • 73min • 2017
15.02.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Für die Duobesetzung von zwei Violinen bzw. Violine plus Viola gibt es vergleichsweise wenig Repertoire. Und das, obwohl diese Besetzung so reizvoll und variantenreich ist. Sie wirkt deutlich luftiger, schlanker und leichtfüßiger als etwa ein Streichquartett. Zugleich eröffnet die „Verdopplung“ des einen Solo-Streichinstruments durch die gewonnene Mehrstimmigkeit ganz neue Horizonte.
Ein „CD-Konzert“ soll es sein, das die beiden russischen Violin- und Violaspieler Ivan und Mikhail Pochekin zum ersten Mal als Duo auf einem Tonträger vorstellen. Und schon bei den ersten Tönen ist klar, worauf man sich im weiteren Verlauf freuen kann, lassen doch die beiden Brüder ihre Interpretation in eine hellsichtige, souverän-unaufgeregte Spielkultur fließen.
Bei der durchdacht zusammengestellten Werk-Abfolge, bevorzugen die Brüder in klassischer Manier den zeitlich chronologischen Bogen. Ausnahmslos Originalkompositionen stehen auf dem Programm dieses imaginären „Konzertes“. Schon Wolfgang Amadeus Mozart wusste um die Qualitäten dieser kleinen, aber feinen Besetzung. Sein Duo für Violine und Viola zieht auf Mozarts genial-einfache Art in tiefe Empfindungen hinein. Anmutige schnelle Sätze kommen in einem sanglichen Mittelteil zur Ruhe. Leichtfüßig schreitet ein Menuett daher, bevor das Rondo in Fahrt kommt und dafür keine Raserei braucht. Mikhail und Ivan Pochekin wissen, was sie tun. Ihr Kapital ist die ganze Kunstfertigkeit der russischen Violinschule - und mindestens ebenso die intuitive Gabe zu wissen, was in jedem Moment der andere tut und empfindet!
Komponisten „beantworten“ gerne das Schaffen ihrer vorherigen Lehrmeister. Diesen Aspekt demonstrieren die Pochekin-Brüder durch die Wahl eines unbekannteren Meisterwerkes dieser Art. Denn Michael Haydn, der Bruder Joseph Haydns, greift Mozarts dialogisierende Tugenden in bestem Sinne auf, aber nicht ohne dabei die eigene Handschrift zu vernachlässigen.
Nach der Wiener Klassik folgt ein Zeitsprung in die Spätromantik. Mit Reinhold Glières Zwölf Duos für zwei Violinen bietet der Tonträger eine weitere echte Repertoire-Entdeckung: Oft gerade nur zwei Minuten kurz bündeln diese Stücke komplexe Gefühlszustände, entführen in bewegende Traumsequenzen, zeichnen vielgestaltige Psychogramme in einer Handschrift, die von russischer Romantik gleichermaßen wie vom Impressionismus geformt ist. Zugleich werden, wie in einer virtuosen Konzertetüde mannigfaltige, wechselnde spielerische Aspekte ins Zentrum gerückt – was dem Feuer von Mikhail und Ivan Pochekin schier unerschöpflichen Zündstoff bietet.
Noch einmal kommt ein musikhistorisches Lehrer-Schüler-Verhältnis ins Spiel: Glière war einer der wichtigsten Lehrmeister für Sergej Prokofiev. Und dieser vermittelte dem anderen vor allem eins: Nämlich etwas Neues und Eigenes zu kreieren. Dieses Neue machen die Pochekin-Brüder in Prokofievs Sonate für zwei Violinen in C-Dur in ihrer ganzen Vielschichtigkeit erlebbar: Dissonante Intervallsprünge und spannende Chromatik künden von einer neuen Zeit im 20. Jahrhundert. Zugleich sprüht der letzte Satz vor neoklassizistischem Esprit und Freude am Dialog – so wie ihn die beiden Musiker auf ihren Instrumenten zu pflegen verstehen.
Stefan Pieper [15.02.2018]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Duo G-Dur KV 423 für Violine und Viola | 00:16:09 |
Michael Haydn | ||
4 | Duo C-Dur MH 335 für Violine und Viola | 00:13:46 |
Reinhold Glière | ||
7 | 12 Duos op. 49 für 2 Violinen | 00:26:32 |
Sergej Prokofjew | ||
19 | Sonate C-Dur op. 56 für 2 Violinen | 00:16:28 |
Interpreten der Einspielung
- Ivan Pochekin (Violine, Viola)
- Mikhail Pochekin (Violine)