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Besprechung CD

Michael Korstick plays César Franck

cpo 555 242-2

1 CD • 70min • 2013, 2017

13.05.2019

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Die Bewunderung César Francks zu Lebzeiten (1822-1890) beruhte ganz überwiegend auf seiner Tätigkeit als Organist und Lehrer. Die wenigen Kompositionen seines gar nicht schmalen Schaffens, die heute Weltruhm genießen – etwa die Symphonie d-moll, die Violinsonate A-Dur sowie einige symphonische Dichtungen und Klavierwerke – entstanden praktisch ausnahmslos in den 1880er Jahren; ihren Erfolg hat Franck nur in Ansätzen erleben dürfen.

Bei der Solo-Klaviermusik ragen vor allem zwei vom formalen Aufbau her ähnlich anmutende Zwanzigminüter heraus: Prélude, Choral et Fugue (1884) und Prélude, Aria et Final (1888). Das erste Stück galt bis zur Jahrtausendwende als Standardwerk spätromantischer Virtuosenliteratur, ist aber in letzter Zeit seltener im Konzertsaal zu hören. Virtuosität wird hier nicht vordergründig zur Schau gestellt, sondern ergibt sich zwangsläufig aus dem komplexen Satz, der etwa am Schluss der Fuge die Hauptthemen der drei Teile kunstvoll übereinander schichtet. Natürlich spürt man Ideen mancher Bachscher Orgelwerke (z.B. BWV 564); Franck findet jedoch seinen ganz originären Ausdruck – mit einer Emotionsbandbreite, die von zartesten Lyrismen bis zum gewaltigen, quasi Orgelplenum mit kompromisslosem Kontrapunkt reicht. Unter Michael Korsticks Händen klingt das nicht nur gewaltig, – sein Dynamikumfang und die Plastizität des harmonischen Verständnisses sind beeindruckend – sondern stellenweise beinahe gewalttätig. Nicht etwa, dass der Anschlag des Pianisten auch nur im Geringsten undifferenziert oder gar „knallig“ würde: Aber Korstick lässt die mit der großartigen Architektur verbundene Entwicklung emotional gleichermaßen hochkochen, so dass man als Hörer fast bis zur Erschöpfung mitgerissen wird. Jorge Bolet ging das insgesamt viel gelassener an; durch sein extremes Hervorheben der führenden Stimmen wirkt das Begleitdickicht erstaunlich beiläufig, fast improvisatorisch; nie drängt sich die Musik so indiskret auf wie in Korsticks Darbietung. Das pianistisch undankbarere, keineswegs leichtere Prélude, Aria et Final wird dann allerdings allzu brav. Michael Korstick lässt hier ebenso eine gewisse Zielgerichtetheit erkennen – bis hin zur wiederum überbordenden E-Dur-Apotheose vor dem sich gänzlich in ein dolcissimo zurückziehenden Schluss. Das Ergebnis ist im wahrsten Sinne des Wortes überwältigend – die Frage, welche dieser beiden Auffassungen die stilistisch angemessenere, französischere sei, dürfte dennoch kontrovers diskutiert werden.

Nahtlos in dieses Klangkonzept fügt sich so Alfred Cortots intelligente Transformation der Franckschen Violinsonate zu einem reinen Klavierstück ein. Der imaginäre Violinpart wird von Korstick derart konsequent in den Klavierklang integriert, dass man – wäre das Original nicht so bekannt – gar nicht auf die Idee käme, bei dieser Musik handele es sich um ein Duo. Hier entspricht Korsticks wohldosierte Emotionsgeladenheit auch eher den Hörerwartungen: Bedeutende Geiger haben da immer auf die „große Kiste“ gesetzt. Korstick zeigt sich bei Franck als technisch überragender Beherrscher sämtlicher Klavierregister, mit durchaus französischen Klangfarben, architektonischem Weitblick und beethovenscher Willensstärke. So gesehen könnte die vorliegende Einspielung neue Maßstäbe setzen.

Vergleichsaufnahme: Jorge Bolet, Riccardo Chailly (Decca 421 714-2, 1989).

Martin Blaumeiser [13.05.2019]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
César Franck
1Prélude, Chorale et Fugue b minor FWV 21 00:19:13
4Sonate A-Dur für Violine und Klavier (Transkr. für Klavier allein: Alfred Cortot) 00:27:17
8Prélude, Aria et Final E-Dur 00:22:53

Interpreten der Einspielung

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