Saudades
Romain Nosbau
Ars Produktion ARS 38 287
1 CD/SACD stereo/surround • 63min • 2019
05.11.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dem luxemburgischen Pianisten Romain Nosbaum geht es nach eigenem Bekunden darum, mit seinem Programm eine „Farbe“ zu kreieren, also in eine bestimmte Stimmungswelt einzutauchen und diese dann in verschiedenen subtilen Schattierungen zu beleuchten. Spanien und Südamerika standen als aktuelles musikalisches Reiseziel auf der Agenda. Welche Lösungen fanden Komponisten, um das spezielle Kolorit einzufangen? Und wo treten sie aus dem engen Rahmen eines Klischees hinaus? Solche Fragen mögen sich bei der Werkauswahl und ihrer spielerischen Umsetzung ergeben. Romain Nosbaums Herangehensweise auf diesem Tonträger mutet hier denkbar intuitiv an. Seine hochsensible Kunst der Verfeinerung braucht dafür keine dick aufgetragene Buntheit.
Die Wuppertaler Immanuelskirche hat sich hier mal wieder als dankbarer Aufnahmeort, als idealer Rahmen erwiesen. Die imaginative Kraft in Nosbaums Spiel ist hier das hörbare Resultat. Es beginnt mit einer sehnsuchtsvollen Fantasiereise aus Enrique Granados Goyescas, in denen Francisco de Goyas tiefgründige Bilder ihren Widerhall finden. Nosbaum beherrscht die Kunst, einen atmenden Bogen über die einzelnen Stücke hinaus zu spannen – also kommt das „Orientale“ aus den Danzas españolas noch traumverlorener daher, gefolgt von einer Manuel de Falla Canción als logische Steigerung..
Alles bleibt logisch und plausibel, wenn Nosbaum das Stimmungsruder herumreißt: Flamenco-affine Stücke wie das berühmte Asturias bersten fast vor Temperament – vor allem, wenn es mal aus einer virtuos-pianistischen Perspektive beleuchtet wird. Ganz und gar bemerkenswert, faszinierend federnd, fast physisch-haptisch funktioniert Nosbaums Technik, mit der er die ruhelos hämmernden Tonrepetitionen geschmeidig verzahnt. Allein das ist eine spezifische Hörerfahrung, die allein schon den Erwerb dieses Tonträgers rechtfertigt.
Aber das Fernweh ist längst noch nicht gestillt: Virtuose Leidenschaft fordert zum Tanz heraus, dann wieder werden gedankenverlorene Gefilde betreten, etwa das entschleunigende, sanfte Gewoge in Alberto Ginasteras Danza a la Moza Donosa. Auch kommt die Weite der südamerikanischen Musiklandschaft in den Blick – vor allem hier vereint das Programm einige bekannte Großmeister wie Heitor Villa-Lobos mit zahlreichen, stilistisch vielseitigen Entdeckungen vor allem aus Kuba und Brasilien. Bei all dem löst Romain Nosbaum den von ihm formulierten Anspruch konsequent ein: Dieser bündelt sich im portugiesischen Wort „Saudades“. Vereint dieses Wort doch „eine Mischung aus sanfter Melancholie, zugleich Traurigkeit, Hoffnung, aber auch viel Passion und Freude“ – ein deutsches Pendant dazu gibt es gar nicht, was für unsere hiesige rationalisierte Welt symptomatisch anmutet!
Stefan Pieper [05.11.2019]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Enrique Granados | ||
1 | Quejas ó la Maja y el Ruisenor | 00:05:50 |
2 | Oriental (aus: Doce danzas españolas) | 00:05:34 |
Manuel de Falla | ||
3 | Canción (3 Obras Desconocidas) | 00:02:14 |
Isaac Albéniz | ||
4 | Asturias (aus Suite española op. 47) | 00:06:01 |
Alberto Ginastera | ||
5 | Danza de la moza donosa op. 2 Nr. 2 (aus: Danzas Argentinas op. 2) | 00:04:01 |
Carlos Guastavino | ||
6 | Sonatina g-Moll | 00:09:48 |
Heitor Villa-Lobos | ||
9 | Chôros Nr. 5 für Klavier (Alma brasileira) | 00:05:19 |
Oscar Lorenzo Fernández | ||
10 | Moda (Suite Brasileira) | 00:01:59 |
Camargo Mozart Guarnieri | ||
11 | Ponteio Nr. 49 (Homenagem a Scriabin) | 00:01:54 |
Ernesto Julio Nazareth | ||
12 | Odeon (Tango Brasileiro) | 00:02:52 |
Ernesto Lecuona | ||
13 | La 32 (Danzas Cubanas Tipicas N. 6) | 00:03:18 |
14 | Cordoba | 00:03:17 |
15 | La Comparsa (Danzas Afrocubanas N. 6) | 00:02:24 |
Ignacio Cervantes | ||
16 | Adios a Cuba (Danzas Cubanas) | 00:02:01 |
Luísa Sobral | ||
17 | Amar pelos dois | 00:03:58 |
Marlos Nobre | ||
18 | Frevo | 00:01:53 |
Interpreten der Einspielung
- Romain Nosbaum (Klavier)