Heroes
Adrien La Marca
la dolce volta LDV 75
1 CD • 80min • 2019
20.12.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Als Bratscher hat man es mitunter schwer, nicht nur wegen der unzähligen Witze, die über dieses Instrument und seine Spieler kursieren. Denn die Viola ist erst recht spät aus dem Schatten der Geige hervorgetreten, fristet im Orchester oft in der undankbaren Mittellage ein Nischendasein und wird gerne mal recht stiefmütterlich behandelt. „Von allen Instrumenten im Orchester ist die Viola dasjenige, dessen ausgezeichnete Eigenschaften man am längsten verkannt hat“, schrieb denn auch kein Geringerer als Hector Berlioz, dessen Instrumentationslehre auch heute noch als Lehrwerk lesenswert ist. All dies ist unter anderem auch ein Grund dafür, dass die Sololiteratur für Bratsche immer noch überschaubar geblieben ist. Es gibt einige Schlachtrösser des Bratschenrepertoires, wozu das Konzert von William Walton unbestreitbar gehört. Damit wären wir direkt in medias res, denn besagtes Walton-Konzert hat der junge Bratscher Adrien La Marca mit dem Orchestre Philharmonique de Liège unter der Leitung von Christian Arming eingespielt. Walton entfaltet hier einen opulenten spätromantischen Orchestersound, der vom Orchester fulminant realisiert wird, auch dann, wenn es wie etwa im zweiten Satz ziemlich furios und zackig zugeht. La Marca macht als Solist einen ausgezeichneten Eindruck. Er spielt mit Brio und Verve, lotet den enormen Klangraum der Bratsche vollumfänglich aus und zeigt auch deren virtuose Seite. Keine Frage, alles in allem gelingt Waltons Konzert hier formidabel.
Neo-Retro und Klassisches
Auf Walton folgt auf der CD das einsätzige Bratschenkonzert On the Reel des zeitgenössischen Komponisten Gwenaël Mario Grisi, wobei man zeitgenössisch hier schon weit auslegen muss. Grisi schreibt durch und durch tonal, seine Musik klingt mitunter wie der bombastische Soundtrack einer Hollywoodschmonzette. Das muss nichts Schlechtes sein, zumal Grisi hier beeindruckende orchestrale Mittel auffährt. Die stilistische Verwandtschaft mit Walton ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, wenngleich die Musik des Letzteren über weite Strecken kompositorisch komplexer und origineller erscheint. Aber auch dieses Werk gelingt fulminant und verfehlt seine Wirkung nicht. Im Mittelteil des Konzertes etwa muss nicht nur La Marca ordentlich über die Saiten schrubbeln. Grisi fordert hier Solist und Orchester alles ab – und die liefern, auf den Punkt. Sechs Sätze aus Romeo und Julia von Sergej Prokofjew runden diese Einspielung ab. Die Bearbeitungen sind in jedem Fall eine Bereicherung für das Repertoire. Christian Arning hält das Lièger Orchester hier zu ebenso präzisem wie musikantischem Spiel an, La Marca lässt die Bratsche singen, jaulen, juchzen und entfaltet ein musikalisches Drama mit psychologischem Tiefgang. Auch das gelingt höchst eindrucksvoll.
Guido Krawinkel [20.12.2020]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
William Walton | ||
1 | Konzert für Viola und Orchester | 00:26:25 |
Gwenaël Mario Grisi | ||
4 | On the Reel | 00:23:44 |
Sergej Prokofjew | ||
5 | Roméo et Juliette (Suite für Viola und Orchester) | 00:28:53 |
Interpreten der Einspielung
- Adrien Marca (Viola)
- Orchestre Philharmonique Royal de Liège (Orchester)
- Christian Arming (Dirigent)