Marianna Martines
Dixit Dominus, Psalms 110 & 115
cpo 777 985-2
1 CD • 61min • 2020, 2015
26.07.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Da soll noch einmal jemand behaupten, dass Frauen im 18. Jahrhundert keinen qualifizierten musikalischen Unterricht erhalten konnten. Ein Paradebeispiel bietet Marianna von Martines (1744-1812) – auch spanisch Martinez geschrieben –, deren neapolitanischer Vater als Zeremonienmeister des päpstlichen Nuntius‘ nach Wien kam. Berühmter Nachbar in der dritten Etage des Michaelerhauses am Kohlmarkt war der kaiserliche Hofdichter und berühmte Librettist Pietro Metastasio, dessen Textbücher zwischen 1725-1790 von allen namhaften Komponisten vertont wurden. Dieser – kinderlos – interessierte sich früh für Marianna und ihre Geschwister. Deshalb drang er darauf, dass alle Kinder eine solide Ausbildung erhielten. Da fügte es sich gut, dass Nicola Porpora, der Gesanglehrer der berühmten Kastraten Farinelli, Caffarelli und Porporino, von 1753-59 mitsamt seinem Kammerdiener, Klavierbegleiter und Kompositionsschüler Joseph Haydn in ebendiesem Haus wohnte. So kam es, dass Marianna von Haydn auf dem Klavier und von Porpora im Gesang und der Komposition unterwiesen wurde. 1773 nahm sie Padre Martini in die berühmte Komponistenvereinigung der „Accademia filarmonica“ in Bologna auf, der auch Mozart angehörte. In den 1780er Jahren war Mozart häufig Gast ihrer Akademien. Michael Kelly, der in Figaros Hochzeit die Partien des Don Curzio und des Don Basilio kreierte, berichtet, dass Mozart und Martinez mehrfach an zwei Klavieren musizierten.
Neapolitanisch-galanter Stil
Kompositionstechnisch sind die Werke der Marianna Martines eher konservativ. Sie machen reichlich Gebrauch von Mustern, die Porpora ihr in Form von Partimentostudien vermittelt haben dürfte. Die Vokalpartien sind durchaus anspruchsvoll, wenngleich nicht so virtuos wie in den Arien, die sie auf Texte Metastasios zu ihrem eigenen Vergnügen und wohl auch für die eigene Unterrichtspraxis an ihrer Singschule für Mädchen schrieb. Die beiden Psalmvertonungen könnten in Teilen durchaus von Pergolesi oder Hasse stammen, d.h., sie halten sich an den um 1770 bereits etablierten Stil prunkvoller neapolitanischer Kirchenmusik. Die Instrumentation gewinnt durch prononcierten Einsatz der Bläser Farbe. Zwei Arien enthalten ein Obligato für Salterio, die barocke Form des Hackbretts und Vorläufer des Zimbals. Die kleine C-Dur-Sinfonie hält durchaus den Vergleich mit den Tageszeiten-Sinfonien Haydns aus. Besonders der poetische Mittelsatz und das lustige Finalrondo erfreuen den Hörer.
Einspielung auf hohem Niveau
Der Salzburger Hofmusik unter Wolfgang Brunner gelingt trotz zweier Aufnahmesitzungen in unterschiedlicher Besetzung eine Darstellung der drei Werke auf hohem Niveau. Das Instrumentalspiel ist lebendig – besonderes Kompliment an die Flöten –, gut balanciert und elegant im Sinne historisch-informierter Aufführungspraxis phrasiert. Die Vokalsolisten machen ihre Sache ebenfalls gut, kämpfen jedoch gelegentlich ein wenig mit Koloraturen und Trillern. Da sich Motive durchaus wiederholen, hätte man möglicherweise zusätzliche Ornamente einfügen können, da die Porpora-Schule für ihren exzessiven Hang zu freien Verzierungen berüchtigt war.
Das Klangbild ist transparent und präsent mit guter Verteilung der Protagonisten im Raum. Das Booklet bietet alle wichtigen Informationen.
Fazit: Durchaus interessante, hörenswerte. teilweise sogar dramatische Musik, auf hohem handwerklichen Niveau mit schönen klanglichen Momenten durch den gekonnten Einsatz von Flöten, Oboen und Hörnern. Stilistisch typische Übergangswerke zwischen Barock und Klassik ohne die launenhaften Elemente der Berliner Schule um C. P. E. Bach.
Thomas Baack [26.07.2021]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Maria Anna Martinez | ||
1 | Dixit Dominus (Psalm 110) | 00:19:59 |
7 | Sinfonie C-Dur | 00:12:02 |
10 | Come le limpide onde (Psalm 151) | 00:28:24 |
Interpreten der Einspielung
- Salzburger Hofmusik (Ensemble)
- Wolfgang Brunner (Dirigent)