Love and Despair
Andreas Bauer Kanabas
OehmsClassics OC490
1 CD • 59min • 2019
31.10.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Name Andreas Bauer Kanabas dürfte trotz internationaler Tätigkeit des Sängers einem großen Teil der Musikfreunde noch kein Begriff sein. Der als Andreas Bauer in Jena geborene Bassist, der seinem Namen vor ein paar Jahren den Namen seiner verehrten Großeltern mütterlicherseits angefügt hat, Deutschböhmen mit teilweise russischen Wurzeln, ist seit 2013 Ensemblemitglied der Frankfurter Oper, nachdem er zuvor fünf Jahre an der Berliner Staatsoper engagiert war. Ich habe seine dortigen Auftritte nicht miterlebt, erinnere mich aber an eine Faust-Produktion aus Riga, die von arte übertragen wurde. Der günstige Eindruck, den sein vokal wie darstellerisch imposanter Mephisto damals auf mich machte, wird durch dieses Recital bestätigt und vertieft.
Es kommt zum richtigen Zeitpunkt. Denn Bauers Stimme ist voll ausgereift, was besonders in seiner Stimmlage ein wichtiges Kriterium ist, und sie befindet sich im Augenblick auf der Höhe ihrer Möglichkeiten. Zudem bringt er in den acht Partien, die er für dieses Programm ausgewählt hat, auch entsprechende Bühnenerfahrungen ein, was bei Opern-Recitals längst nicht mehr selbstverständlich ist. Der polyglotte Sänger singt hier in sechs Sprachen – italienisch, französisch, deutsch, russisch, tschechisch und ungarisch – und gibt diesem Mix einen englischen Titel.
Ausgereifte Interpretationen
Wir hören eine kernige, virile Bassstimme mit profunder Tiefe, breiter Mittellage und sicherer Höhe, ausgeglichen in allen Lagen und mühelosen Registerwechseln. In Farbe und Charakter ist es eine deutsche Stimme mit slawischem Einschlag, aber Bauer besitzt das technische und stilistische Knowhow für die italienische Kantilene, deshalb ist es durchaus angemessen, dass die Hälfte der Nummern aus Verdi-Opern stammt. Strömendes Legato steht ihm für den in der französischen Originalfassung gesungenen Philipp-Monolog und die Arie des Zaccaria aus dem 2. Nabucco-Akt zur Verfügung, einen temperamentvollen, fast aggressiven Zugriff hat er auf Silva (Ernani) und Banco (Macbeth). Den Marke-Monolog aus dem 2. Tristan-Akt gestaltet er ungewohnt leidenschaftlich und aufgewühlt, dabei mit äußerst plastischer Diktion. Das Latvian Festival Orchestra unter dem deutschen Dirigenten Karsten Januschke, das bei Verdi gelegentlich etwas pauschal operiert, ist ihm hier ein eloquenter Partner. Partien wie Rachmaninovs Aleko oder der Wassermann in Dvořáks Rusalka scheinen wie für seine Stimme geschrieben. Er trifft das slawische Idiom und vermeidet dabei gefühlige Übertreibungen. Die finale Szene (die siebente Türe) aus Bartóks Herzog Blaubarts Burg gewinnt im Zusammenwirken mit der ebenfalls sehr charaktervoll singenden Mezzosopranistin Tanja Ariane Baumgartner hohe theatralische Präsenz und bildet den würdigen Abschluß des spannenden Recitals.
Das Booklet enthält eine sehr persönliche Werkeinführung des Sängers (der auch den gewählten Albumtitel erklärt), nicht aber die gesungenen Texte. Die wären besonders im Falle von Rachmaninov und Bartók wünschenswert, wenn nicht notwendig gewesen.
Ekkehard Pluta [31.10.2021]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Giuseppe Verdi | ||
1 | Che mai vegg'io ... Infelice! ... e tuo credevi / Infin che un brando vindice (aus: Ernani) | 00:05:51 |
2 | Elle ne m' aime pas (Philippe II, Aria - aus: Don Carlos) | 00:10:03 |
Richard Wagner | ||
3 | Tatest du's wirklich? (König Marke, Monolog - aus: Tristan und Isolde) | 00:12:51 |
Sergej Rachmaninow | ||
4 | Ves tabor spit (Aleko, Cavatina) | 00:06:00 |
Giuseppe Verdi | ||
5 | Studia il passo, o mio figlio – Come dal ciel precipita (Szene des Banco aus dem 2. Akt - aus: Macbeth) | 00:04:08 |
6 | Vieni, o Levita! ... Tu sul labbro de' veggenti (Zaccaria, Aria - aus: Nabucco) | 00:05:54 |
Antonín Dvořák | ||
7 | Béda, Béda ... Celý svět nedá ti, nedá (Vodni, Aria - aus: Rusalka op. 114) | 00:05:17 |
Béla Bartók | ||
8 | Lásd a régi asszonyokat (Blaubart und Judith - aus: Herzog Blaubarts Burg) | 00:09:19 |
Interpreten der Einspielung
- Andreas Bauer Kanabas (Bass)
- Tanja Ariane Baumgartner (Mezzosopran)
- Latvian Festival Orchestra (Orchester)
- Karsten Januschke (Dirigent)