Wigmore Soloists
Schubert Octet in F major D 803
BIS 2597
1 CD/SACD stereo/surround • 62min • 2020
05.11.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Schuberts Oktett und das Vorbild, Beethovens Septett Es-Dur op. 20, sind die musikalisch herausragenden und erfolgreichsten Stücke der Gattung. Das Septett für Klarinette, Horn, Fagott, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass ist seit seiner Uraufführung im Jahre 1800 derart erfolgreich, dass sich Beethoven angesichts der zahlreichen Adaptionen aller Art regelrecht von seinem „Hit“ distanziert.
1824 beauftragt der Klarinette blasende Ferdinand Graf von Troyer, seines Zeichens Oberhofmeister des Erzherzogs Rudolf, Franz Schubert mit der Komposition eines ähnlichen Werkes. Schubert hält sich eng an Beethovens Vorbild, erweitert das Ensemble jedoch um eine zweite Violine. Im Gegensatz zu Beethovens Erfolgsstück verschwindet Schuberts Oktett nach zwei Aufführungen im wahrsten Sinne des Wortes in der Schublade, erst 1875 liegt es in einer vollständigen Druckausgabe vor.
Popularitätsschub dank Schallplatte
Dank der Schallplatte erfahren beide Werke in der zweiten Hälfte 20. Jahrhundert einen ungemeinen Popularitätsschub. Zu verdanken ist das Ganze dem 1947 von Mitgliedern der Wiener Philharmoniker gegründeten Wiener Oktett. Federführend sind die gleichermaßen künstlerisch wie geschäftstüchtig erfolgreichen Brüder Willy und Alfred Boskovsky. Willy, Konzertmeister und Alfred, Soloklarinettist und Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker in Personalunion, verkaufen dem britischen Label Decca Schuberts Oktett gleich dreimal: Einmal 1948, noch zur Schellackzeit, gefolgt 1954 von der LP-Premiere und noch einmal 1957 nach Aufkommen der Stereo-Technik. Abgesehen von einigen Ungenauigkeiten im Zusammenspiel vor allem bei der ersten Version, setzen die famosen Wiener Maßstäbe bezüglich klanglicher und musikalischer Geschlossenheit, vorzüglich zudem die Balance zwischen solistisch-kammermusikalischer Transparenz und sinfonisch-zupackenden Tuttipassagen gleichermaßen.
Im Spannungsfeld zwischen Kammermusik und Sinfonik
In den nachfolgenden Jahrzehnten ist Schuberts Oktett im Konzertsaal und Tonträgerangebot ständig präsent. Im Spannungsfeld zwischen Kammermusik und Sinfonik richten sich die Akzente nach der Herkunft der Musiker. Das Philharmonische Oktett Berlin überzeugt mit sinfonisch-kompaktem Ensembleklang ebenso wie das Consortium Classicum mit filigraner Darstellung melodischer Polyphonie im Adagio. Die Fähigkeit, Schuberts große Kompositionskunst der Ausdrucksextreme in eine Balance zu bringen und souverän miteinander zu verbinden, bleibt dabei stets die Messlatte.
Getroffen, aber nicht gefunden
Das hochkarätig besetzte Ensemble der vorliegenden Aufnahme wurde 2020 gegründet, firmiert als Hausensemble der Wigmore Hall und wird von der Geigerin Isabelle van Keulen und dem Klarinettisten Michael Collins geleitet. Die Aufnahmetechnik hat die beiden akustisch extrem voneinander getrennt. Wie bei Aufnahmen aus der Anfangszeit der Stereophonie sollen sich nach dem Pingpong-Prinzip van Keulen von links und Collins von rechts die Bälle wohl zuspielen. Nur die kommen leider meistens nicht an. Jeder spielt seinen Part nach bestem Wissen und Gewissen für sich, die übrigen Protagonisten füllen den Raum dazwischen. Spieltechnisch und im präzisen Zusammenspiel läuft das alles auf höchstem Niveau. Aber es bleibt am Ende der Eindruck: Diese Formation hat sich hier zwar getroffen, aber (noch) nicht gefunden.
Holger Arnold [05.11.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Oktett F-Dur op. 166 D 803 | 01:01:52 |
Interpreten der Einspielung
- Wigmore Soloists (Ensemble)