Felix Mendelssohn Bartholdy
Mendelssohn Project | Vol. 3
MDG 912 2256-6
1 CD/SACD stereo/surround • 58min • 2021
04.04.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Und weiter geht’s mit dem „Mendelsohn Project“ des dogma chamber orchestra beim Label MDG, es ist die dritte CD und wieder sind Streichersinfonien mit einem Konzert kombiniert. Hier ist es nur eine Streichersinfonie, weil es die erste mit symphonischen Ausmaßen ist, nämlich viersätzig. Die ausgewählten Stücke passen nicht nur wegen der gleichen Tonart zusammen, sondern auch wegen der zeitlichen Nähe der Kompositionen: Und wieder staunt man, zu welch genialen Einfällen schon der dreizehn- bzw. vierzehnjährige Felix Mendelssohn Bartholdy imstande ist.
Rasanter Sturmlauf
Stürmisch ist die vorherrschende Tempo-Art, viermal ist Allegro bzw. Allegro molto vorgeschrieben, und die Musiker des dogma chamber orchestra lassen sich dies nicht zweimal, sondern viermal sagen und stürzen sich oft in wahre Sturmläufe, mit sprudelnder und wirbelnder Rasanz, ja Wildheit und bis an die Grenze der Spielbarkeit im Sinfonie-Finale. Trotzdem ist die Gelehrsamkeit der Fuge in diesem Finalsatz genau heraus- und durchhörbar ebenso wie es die aparten Pizzicato-Effekte im Kopfsatz sind. Und wie ein lustiges Fange-Spiel wirkt das rasche Menuett, in dem die Bassstimmen immer hinter den sehr wendig-spritzigen Geigen herzurennen scheinen: Der junge wie der erwachsene Felix hatte es immer eilig, wie alle Biografen einmütig schreiben. Das Andante amorevole ist nicht verkitscht, wie der Name nahelegen würde, sondern erklingt in wiegend-wogendem Spiel und sprechender Phrasierung.
Bebend vor Mitteilungslust
Das Doppelkonzert beginnt mit einem dramatischen Orchester-Allegro, dessen Thematik passend für eine Fuge wäre – doch Mendelssohn Bartholdy erliegt dieser Versuchung nicht. Auch hier herrscht wieder Sturmlauf, der Dirigent Mikhail Gurewitsch scheint seine Musiker geradezu voranzupeitschen und die beiden Solisten lassen sich höchst vergnügt auf dieses Tempo ein, agieren, bebend vor Mitteilungslust, und phrasieren hochintelligent, freuen sich richtig an dem reichhaltigen Passagen-Spielwerk und Oktavengedonner, Stephan Waarts scheut nicht vor inniger Süße zurück, wenn’s angebracht ist wie im hochlyrischen Seitenthema des Kopfsatzes. Alle Musiker servieren die vielen überraschenden melodischen Einfälle des Komponisten wie auf dem Silbertablett, und die zahlreichen Solo-Passagen der beiden Solo-Instrumente erklingen dazwischen tiefinnig. Fast ein bisschen Csárdás-Atmosphäre herrscht schon im Kopfsatz und völlig „ungharese“ wird es dann im rauschenden Finale mit den rauf- und runter-rasenden Läufen, die die beiden Solisten rhythmisch geradezu symbiotisch exakt absolvieren.
Die fast sakrale Feierlichkeit des Adagio zelebrieren die Solisten mit pianistischem Nachdruck und sorgfältig gesetzten Portamenti der Geige, die der „exclamatio“ dienen, also dem gefühlsbetonten Ausdruck: Beweis für die Gelehrsamkeit und den dramatischen Spürsinn des jungen Felix Mendelssohn Bartholdy. Besser kann man nicht für die Bedeutung dieses Komponisten plädieren, der immer noch bisweilen sträflich unterbewertet wird.
Rainer W. Janka [04.04.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
1 | Sinfonia Nr. 7 d-Moll | 00:20:30 |
2 | Konzert d-Moll für Violine, Klavier und Streichorchester | 00:37:12 |
Interpreten der Einspielung
- Stephen Waarts (Violine)
- Annika Treutler (Klavier)
- dogma chamber orchestra (Orchester)
- Mikhail Gurewitsch (Dirigent)