Carl Stamitz
Clarinet Concertos 1, 6 & 8
cpo 555 415-2
1 CD • 52min • 2020
08.05.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Haben Sie gerade so richtig schlechte Laune? Wenn ja, dann empfehle ich als musikalischer Hausapotheker die neue CD mit Klarinettenkonzerten von Carl Anton Stamitz (1745-1801), die Paul Meyer – mit Sabine Meyer weder verwandt noch verschwägert und aus Frankreich gebürtig – und das Kurpfälzische Kammerorchester gerade veröffentlicht haben. Deren Musizierlust dürfte selbst die dicksten Sorgenfalten glätten und Ihnen ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern.
Ein Mannheimer in Paris, London und Den Haag
Carl Stamitz war der ältere der beiden Söhne des aus Böhmen stammenden Begründers der Mannheimer Schule, Johann Wenzel Stamitz. 1770 zog es ihn und seinen jüngeren Bruder Anton nach Paris, wo beide als Virtuosen auf Violine, Viola und Viola d’amore Erfolge feierten. Anton blieb dort bis zu seinem Tod im Jahre1809. Carl zog es in die europäischen Hauptstädte und so konzertierte er mehrfach in London, Den Haag und Berlin. Mit der Klarinette kam er als Kapellmeister des Herzogs von Noailles erstmalig in Berührung, da in dessen Orchester dieses Instrument mit Johann Beer (1744-1811), dem späteren preußischen Hofklarinettisten, besetzt war. Für diesen sind wohl auch die elf Konzerte verfasst, wobei es sich bei dem prächtigen sechsten um eine Gemeinschaftsproduktion handeln soll. Stamitz‘ dem mittleren Haydn und frühem Mozart vergleichbarer Stil wurde in den Jahren nach 1790 unmodern, was ihn in – wie wohl auch sein Hang zu Spiel, Wein, Weib und Alchemie – finanziell in Bedrängnis brachte. Er starb als Leiter der Universitätsmusik verarmt und unter Hinterlassung von Schulden in Jena. Louis Spohr, der gegen 1810 um Rat für einen Verleger ungedruckter Werke gebeten wurde, meinte, dass sich dafür wohl kaum noch Interessenten finden würden.
Die drei hier eingespielten Konzerte versprühen jedoch den bewusst naiven Charme des Ancien Regime und erfreuen durch höchst reizvolle lyrische Einfälle in ihren Mittelsätzen und brillante Passagen für den Solisten in Kopfsatz und Schlussrondeau.
Gute Laune Musik virtuos dargeboten
Dem französischen Klarinettisten Paul Meyer, der sein Kurpfälzisches Kammerorchester auch dirigiert, gelang ein Volltreffer. Er zelebriert feinste französische Holzbläserkunst mit eher hellem Klang, der dem historischer Instrumente besser entspricht als der sämige seiner Namens-Cousine Sabine, vortreffliche Phrasierung und lebendige Artikulation. Er singt die Kantilenen der langsamen Sätze aus, baut kleine Verzierungen in die Wiederholungen ein und hat sich stilistisch stimmige Kadenzen einfallen lassen. Das prickelt und moussiert! Dass die Kurpfälzer seinen intelligenten Ansatz übernehmen, versteht sich von selbst, denn schließlich ist er ihr Chefdirigent. So entsteht ein Musizieren aus einem Guss.
Klangtechnisch gibt es nichts zu mäkeln. Der Booklet-Text ist knapp, aber gehaltvoll.
Fazit: Wundervolle, perfekte Einspielung und Ehrenrettung eines von Mozart Vater und Sohn Geschmähten. Pflichtkauf für Klarinettisten. Dringende Empfehlung für Eltern, die ihre Kinder an klassische Musik heranführen wollen. Lässt an Regentagen die Sonne aufgehen. Daher ohne Einschränkung empfohlen.
Tipp: Wer sich näher mit Car Stamitz beschäftigen will lädt, sich die Dissertation „Carl Stamitz (1745-1801)“ von der Website der Universität Heidelberg herunter, die dort seit ein paar Wochen kostenlos zur Verfügung gestellt wird.
Thomas Baack [08.05.2023]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Carl Stamitz | ||
1 | Konzert Nr. 1 F-Dur für Klarinette und Orchester | 00:17:39 |
4 | Konzert Nr. 6 Es-Dur für Klarinette und Orchester | 00:17:27 |
7 | Konzert Nr. 8 B-Dur für Klarinette und Orchester | 00:16:23 |
Interpreten der Einspielung
- Kurpfälzisches Kammerorchester Mannheim (Orchester)
- Paul Meyer (Klarinette, Dirigent)