Carl Stamitz
Concertos for Clarinet & Orchestra Vol. 3
Kurpfälzisches Kammerorchester • Paul Meyer
cpo 555 722-2
1 CD • 56min • 2024
27.10.2025
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Klassik Heute
Empfehlung
Sollte Sie der Herbstblues erwischen, greifen Sie zur Fortsetzung der Gesamtaufnahme der Klarinettenkonzerte von Carl Anton Stamitz (1745-1801), die Paul Meyer – mit Sabine Meyer weder verwandt noch verschwägert und aus Frankreich gebürtig – mit seinem Kurpfälzischen Kammerorchester kürzlich veröffentlicht hat. Denn die Musizierlust von Solist und Orchester dürfte graueste Herbsttage in goldene Oktobersonne tauchen.
Ein Mannheimer in Paris, London und Den Haag
Carl Stamitz war der ältere der beiden Söhne des aus Böhmen stammenden Begründers der Mannheimer Schule, Johann Wenzel Stamitz. 1770 zog es ihn und seinen jüngeren Bruder Anton nach Paris, wo beide als Virtuosen auf Violine, Viola und Viola d’amore Erfolge feierten. Anton blieb dort bis zu seinem Tode im Jahre1809. Carl zog es in die europäischen Hauptstädte und so konzertierte er mehrfach in London, Den Haag und Berlin. Mit der Klarinette kam er als Kapellmeister des Herzogs von Noailles erstmalig in Berührung, da in dessen Orchester dieses Instrument mit Johann Beer (1744-1811), dem späteren preußischen Hofklarinettisten, besetzt war. Für diesen sind wohl auch die elf Konzerte verfasst. Stamitz‘ dem mittleren Haydn und frühem Mozart vergleichbarer Stil wurde in den Jahren nach 1790 unmodern, was ihn in – wie wohl auch sein Hang zu Spiel, Wein, Weib und Alchemie – finanziell in Bedrängnis brachte. Er starb in Jena als Leiter der Universitätsmusik verarmt und unter Hinterlassung von Schulden. Louis Spohr, der gegen 1810 um Rat für einen Verleger ungedruckter Werke gebeten wurde, meinte, dass sich dafür wohl kaum noch Interessenten finden würden.
Ersteinspielungen
Die vier hier eingespielten Konzerte versprühen jedoch den bewusst naiven Charme des Ancien Regime und erfreuen durch höchst reizvolle lyrische Einfälle in ihren Mittelsätzen und brillante Passagen für den Solisten in Kopfsatz und Schlussrondeau. Die vier Konzerte auf dieser CD wurden von Dr. B. Pelkers aus dem Pariser Originaldruck von ca. 1780 für die Forschungsstelle Südwestdeutsche Hofmusik editiert und sind jetzt erstmals auf CD greifbar. Sie stellen der Klarinette ein Ensemble aus 2 Oboen, 2 Hörnern und Streichorchester gegenüber. Der Solopart gibt sich noch nicht sonderlich instrumentenspezifisch, sondern weist die allgemeinen Charakteristika eines brillanten Konzerts für hohes Holzblasinstrument mit einem Umfang von 2 Oktaven+Quinte auf, d. h. eine Transposition von B-Dur nach C-Dur ergäbe ein Oboenkonzert, ein Flötenkonzert entstünde demnach durch eine Transposition nach D.
Gute-Laune-Musik virtuos dargeboten
Dem französischen Klarinettisten Paul Meyer, der sein Kurpfälzisches Kammerorchester auch dirigiert, gelang wiederum ein Volltreffer. Er zelebriert feinste französische Holzbläserkunst mit eher hellem, schlankem Klang, der dem historischer Instrumente entspricht und mit den eingesetzten Naturhörnern ideal harmoniert, inklusive vortrefflicher Phrasierung und lebendiger Artikulation. Er singt die Kantilenen der langsamen Sätze aus, baut kleine Verzierungen in die Wiederholungen ein und hat sich stilistisch äußerst stimmige Eingänge und Kadenzen einfallen lassen. Das prickelt und moussiert! Dass die Kurpfälzer seinen gespannt intelligenten Ansatz - quasi auf der Stuhlkante spielend - übernehmen, versteht sich von selbst, denn schließlich ist er ihr Chefdirigent. So entsteht ein Musizieren aus einem Guss. Klangtechnisch gibt es nichts zu mäkeln. Der Booklet-Text ist knapp, aber gehaltvoll.
Fazit: Wundervolle, perfekte Einspielung und Ehrenrettung eines von Mozart Vater und Sohn Geschmähten. Pflichtkauf für Klarinettisten. Dringende Empfehlung für Eltern, die ihre Kinder an klassische Musik heranführen wollen. Lässt an Regentagen die Sonne aufgehen. Deshalb ohne Einschränkung – auch den Ausrichtern von Wettbewerben als Alternative zum Mozart-Konzert – empfohlen.
Tipp: Wer sich näher mit Car Stamitz beschäftigen will, lädt, sich die Dissertation „Carl Stamitz (1745-1801)“ von der Website der Universität Heidelberg herunter, die dort seit ein paar Wochen kostenlos zur Verfügung gestellt wird.
Thomas Baack [27.10.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
| Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
|---|---|---|
| CD/SACD 1 | ||
| Carl Stamitz | ||
| 1 | Konzert Nr. 7 B-Dur für Klarinette und Orchester | 00:11:58 |
| 4 | Konzert Nr. 9 B-Dur für Klarinette und Orchester | 00:13:54 |
| 7 | Konzert Nr. 10 B-Dur für Klarinette und Orchester | 00:15:41 |
| 10 | Konzert Nr. 11 Es-Dur für Klarinette und Orchester | 00:14:23 |
Interpreten der Einspielung
- Kurpfälzisches Kammerorchester Mannheim (Orchester)
- Paul Meyer (Klarinette, Dirigent)
