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Besprechung CD

Daryl Runswick

Trumpet Concerto • Symphony No. 2

Prima Facie PFCD203

1 CD • 49min • 2022

28.06.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Der Brite Daryl Runswick, Jahrgang 1946, ist vor allem als Jazzmusiker und Arrangeur bekannt, tatsächlich ist er aber in vielen Genres beheimatet. Leider verzichtet das Beiheft der vorliegenden CD des Labels Prima Facie, das Runswick bereits einige Veröffentlichungen gewidmet hat, auf Hintergrundinformationen, doch nach etwas Recherche stellt man fest, dass er offenbar seit Beginn seiner Karriere stets auch klassische Musik komponiert und dabei ein Œuvre geschaffen hat, das von Sonaten, Liedern und Chorwerken bis hin zu Sinfonien reicht und auch stilistisch recht breit gefächert zu sein scheint. Auf dem neuesten Album bekommt man zwei seiner Orchesterwerke zu hören, eingespielt vom BBC National Orchestra of Wales unter der Leitung des Komponisten.

Umspielungen eines britischen Volkslieds

Bei dem Konzert für Trompete, drei Hörner, drei Schlagzeuger und Orchester handelt es sich um das ältere der beiden Werke, entstanden 1981 (und 2011 revidiert). Runswick hat dieses Konzert um das britische Volkslied The Raggle Taggle Gypsies herum aufgebaut, das sinnigerweise auch als Track 1 der CD in einem Arrangement Runswicks für die King’s Singers zu hören ist. Dabei erklingt die Melodie im Trompetenkonzert selbst nur ganz am Ende einmal in voller Länge; vorher wird sie im Laufe der verschiedenen Abschnitte (im Sinne einer „Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit“) angedeutet, umspielt. All dies geschieht im Rahmen einer erweitert modalen Tonsprache von recht üppiger Klanglichkeit trotz der eher kleinen Besetzung (und der eher gedeckten Grundstimmung des Konzerts), aber Runswick bedient sich hier u.a. gerne der voluminösen klanglichen Möglichkeiten der drei Hörner. Jazz-Einflüsse sind in dieser Musik sicherlich vorhanden, man beachte etwa die Kadenz (die gleich nach der orchestralen Einleitung am Beginn steht) oder Teile des Schlagzeugparts, und nicht von ungefähr hat mit Steve Waterman ein Jazztrompeter (mit entsprechend aufgerautem Ton) den Solopart übernommen. Andererseits handelt es sich bei dem Konzert nicht um sinfonischen Jazz z.B. à la Gershwin. Der eher homophone Streichersatz erinnert manchmal etwas an Filmmusik, und im Finalabschnitt zitiert Runswick das Madrigal Il est bel et bon von Pierre Passereau. Ein trotz motivischer Zusammenhänge eher episodisch, im langsamen Satz etwas statisch wirkendes, insgesamt aber recht solides Werk.

Sieben Töne und viel Rezitation

In der Sinfonie Nr. 2, 2004/05 verfasst und jüngst, wohl speziell für diese Aufnahme noch einmal revidiert, zeigt sich der Komponist von einer anderen Seite. Dabei ist ihm auch hier an Einheit gelegen, und so entwickelt er das gesamte (weitgehend atonale) Werk aus einer Siebentonzelle, von ihm als „Phrase“ bezeichnet, die in jedem der sieben Sätze Grundlage für sieben Abschnitte zu je sieben Phrasen bildet und überdies auch die rhythmisch-strukturelle Basis der Musik liefert. Die sieben Töne kodieren dabei den Namen Michael (Gwinnell, dem das Werk gewidmet ist), ebenso wie der Titel „Maybe I Can Have An Everlasting Love“. Im ersten Satz etwa erlebt man über einem starr-unbeweglichem orchestralen Hintergrund allerhand solistische (Bläser-) Gesten, die aus der Keimzelle der Sinfonie hergeleitet sind. Ab dem zweiten Satz treten dann eine Rezitation (von Runswick selbst) sowie eine Singstimme (Héloïse Werner) hinzu, wobei der (mit Aufnahme des vierten Satzes nahezu kontinuierlich) gesprochene Text sich teils philosophisch, teils humoristisch, teils agitiert gibt und die Singstimme den Namen Michael weiter paraphrasiert („Might I Cultivate Here An Exemplary Life?“, oder, reichlich derb, „My Incredible Cock, Hard And Extremely Long“). Teil 3 bis 6 ergeben eine Art Sequenz grotesker Scherzi, manchmal mit elektronischen Klängen garniert, die schließlich in einen brutalen Schlag münden; der abschließende Teil 7 ist Katharsis, freilich vorwiegend in Form des gesprochenen Textes, denn musikalisch passiert hier nicht allzu viel (starre Akkordik und gelegentliche Reminiszenzen an Vergangenes). Ein bizarres, exzentrisches Werk, musikalisch wenig überzeugend und letztlich eher dünn, zu großen Teilen vom dauerpräsenten Text überlagert, trotz der strikten Struktur collagehaft anmutend.

Gemischte Eindrücke

Im Konzert wirkt das Orchester manchmal etwas dünn mit leichten Wacklern im Zusammenspiel, in der Sinfonie ist die Leistung der Interpreten tadellos. Informativ ist Runswicks eigener Kommentar zu den Werken, andererseits verzichtet die CD auf jedwede Art von Vita, und dass Runswick selbst der Arrangeur des Volkslieds zu Beginn ist, bleibt ebenfalls ungenannt. Unter dem Streich ein recht passables Trompetenkonzert und eine Sinfonie, die entschieden in die Rubrik Kurioses einzuordnen ist.

Holger Sambale [28.06.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Daryl Runswick
1The Raggle Taggle Gypsies 00:03:27
2Konzert für Trompete, 3 Hörner, Schlagzeug und Streicher 00:19:22
8Sinfonie Nr. 2 (Maybe I Can Have An Everlasting Love) 00:26:14

Interpreten der Einspielung

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