Sergei Prokofiev
Romeo and Juliet, Suites
MDG 650 2290-2
1 CD • 77min • 1994, 1995
31.03.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Im vergangenen Jahr wäre der polnische Dirigent und Komponist Stanisław Skrowaczewski 100 Jahre alt geworden, und aus diesem Anlass hat MDG seine Aufnahme der drei Suiten aus Sergej Prokofjews Ballett Romeo und Julia mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester (wie es zum Zeitpunkt der Einspielungen noch hieß) neu herausgebracht. Dabei handelt es sich um Aufnahmen aus den Jahren 1994/95, die ursprünglich beim Label Denon erschienen sind, das aber nunmehr nur noch auf dem asiatischen Markt aktiv ist und für den weltweiten Vertrieb ausgewählter Alben eine Kooperation mit MDG eingegangen ist.
Agile, sorgfältig gearbeitete Interpretationen
Prokofjews Romeo und Julia ist selbstverständlich eine der bekanntesten und auch einflussreichsten Ballettmusiken des 20. Jahrhunderts, nicht zuletzt angesichts ihres melodischen Reichtums und ihrer eigentümlich herben Lyrik, und gerade von den Suiten (die insgesamt beinahe 80 Minuten Musik bieten) gibt es etliche hochkarätige Aufnahmen. Eine davon (allerdings nur der ersten beiden Suiten) stammt von Skrowaczewski selbst am Pult des Minneapolis Symphony Orchestra aus den frühen 1960er Jahren. Im Vergleich der beiden Lesarten stellt man fest, dass er sich über immerhin mehr als 30 Jahre hinweg im Wesentlichen treu geblieben ist. Viele der Vorzüge seiner alten Einspielung findet man auch auf dieser CD wieder: es sind lebhafte, agile, energiedurchpulste Interpretationen, die sich durch ihre Klarheit und sorgfältige Phrasierung auszeichnen. Hier und da lässt sich Skrowaczewski in den neueren Aufnahmen eine Nuance mehr Zeit, zum Beispiel im Madrigal (Suite Nr. 1, 3. Satz). Der Unterschied beträgt lediglich 20 Sekunden (bei einer Spielzeit von etwa dreieinhalb Minuten), aber dieses Quäntchen zusätzlicher Zeit nutzt Skrowaczewski, um die breiten gesanglichen Linien dieser Musik noch klarer herauszuarbeiten, sie ruhig atmen zu lassen (auch durch kluge Agogik, die Zäsuren setzt, ohne den Fluss der Musik zu beeinträchtigen) und ihre polyphonen Strukturen sehr bewusst zu durchleuchten und zu gestalten.
Kontrollierte Expressivität
Dabei wirken seine Einspielungen zwar durchaus expressiv, aber nicht bedingungslos emotional. Gerade in den großen Adagii, in denen im Laufe der drei Suiten Romeo und Julia immer wieder zusammenkommen, wird man Interpretationen finden, die dem romantischen Schmelz etwa der Cellokantilenen noch größere Bedeutung beimessen, die diese Musik glühender verstehen als Skrowaczewski, der eher kontrolliert bleibt, obwohl er punktuell (Finale der Suite Nr. 2) das Tragische dieser Musik sehr wohl mit erheblicher Vehemenz versieht. Sehr wirkungsvoll gelingen insbesondere die zahlreichen raschen, manchmal folkloristisch angehauchten, manchmal historisierenden Tänze, auch deshalb, weil sich das Sinfonieorchester des WDR hervorragend aufgelegt zeigt und Skrowaczewskis brillanten, vitalen Ansatz bestens zu realisieren versteht. Ein exzellentes Beispiel hierfür ist die Aubade (Suite Nr. 3, 5. Satz), deren leichter, duftiger, filigran orchestrierter Charme in der vorliegenden Aufnahme ausgezeichnet zur Geltung kommt. Vorzüglich herausgearbeitet wird in diesem Satz aber auch der Kontrast zum Cantabile der Trompeten, garniert von Glissandi in den Violinen: eine Prise Schmäh, ein wenig Sentiment, ohne dabei ein gewisses Maß an Leichtigkeit und Nonchalance zu verlieren.
Eine hochklassige Aufnahme aller drei Suiten
Ein weiterer Pluspunkt ist exzellente Klangqualität dieser CD. Prokofjews Partitur ist reich an Farben, und angesichts des transparenten, natürlichen Klangbildes lassen sich zahlreiche Details der Orchestrierung vorzüglich nachvollziehen, ohne dabei den Blick auf das Ganze zu verlieren (was natürlich auch an Skrowaczewskis Interpretationen liegt). Selbstverständlich gibt es bei solcher Musik immer Alternativen, will man aber eine hochklassige Aufnahme aller drei Suiten auf einer CD erwerben, so ist man mit diesem Album bestens bedient.
Holger Sambale [31.03.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sergej Prokofjew | ||
1 | Romeo und Julia op. 64a (Suite Nr. 1) | 00:27:36 |
8 | Romeo und Julia op. 64b (Suite Nr. 2) | 00:32:03 |
15 | Romeo und Julia op. 101 (Suite Nr. 3) | 00:17:25 |
Interpreten der Einspielung
- Kölner Rundfunk-Sinfonieorchester (Orchester)
- Stanisław Skrowaczewski (Dirigent)