as you like it
opia consort
Ars Produktion ARS 38 642
1 CD • 62min • 2022
12.06.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
„as you like it: wie es beliebt – scherzhaft, sinnlich, dramatisch. Inspiriert von der Shakespeare’schen Verwechslungs-Komödie bewegen auch wir uns musikalisch zwischen den Welten: Entdecken das savoir vivre am französischen Hofe, eilen ins g‘sellige Wiener Wirtshaus, flüchten vor der Pest in die warme Umarmung der englischen Melancholie, überwinden mitten in der deutschen Waldeinsamkeit rauschende Flüsse, spüren den milden Westwind Italiens auf unserer Haut, und träumen des Nachts an der spanischen Küste von der großen Liebe.“ Mit diesem Text präsentieren die Künstler selbst dieses Programm auf ihrer eigenen Homepage und erregen damit berechtigte Neugier auf ihre musikalische Rundreise durch das Europa des 16. Jahrhunderts. Dieses an Umwälzungen reiche Jahrhundert – wie beispielsweise die Ablösung der Anglikanischen Kirche vom römischen geistlichen Primat und auf dem Kontinent die besonders nördlich der Alpen wirkmächtigen Reformationsbewegungen mit ihren führenden Gestalten wie Martin Luther und seinem Schüler Philipp Melanchthon, Jean Calvin und vielen anderen – hält auch in der
Musikgeschichte viele Überraschungen bereit.
Rückkehr zu den Wurzeln der eigenen musikalischen Sozialisation
So kam mir selbst dieses Programm vor, als ich die CD anfänglich beschaute – und dies im doppelten Sinne: Mit acht Jahren wurde ich Mitglied des Bremer Knabenchors der Kirche Unser Lieben Frauen und kam dort schnell in Kontakt mit geistlichen Gesängen des 16. und 17. Jahrhundert, die unser Kantor Harald Wolff sehr schätzte und anhand derer er unser Musizieren in einem auch geistig polyphonen Sinn schulte. Michael Prätorius und Heinrich Schütz und auch der weniger bekannte Leonhard Lechner wurden so zu musikalischen Helden meiner Kindheit und Jugend. Als jungen Mann brachte mich schließlich die Entdeckung der Platte „Tanzmusik der Renaissance“ des Ulsamer-Collegiums auf die Spur des Repertoires dieser CD, dem ich bis heute eng verbunden gelieben bin.
Brücke über fünf Jahrzehnte
So schlägt diese CD für mich eine Brücke über fünf Jahrzehnte in die Anfänge meiner Schallplattensammlung, und der heutigen Hörvergleich zeigt, mit welch hoher Qualität das Ulsamer-Collegium schon damals Schallplattengeschichte schrieb; somit werden hoffentlich auch wesentlich jüngere Anhänger der Alten Musik verstehen, dass diese CD mich auf die Spur meiner eigenen Geschichte als Musikliebhaber brachte.
Wie’s beliebt, aber nicht beliebig
„As you like it“: Unter dem Titel von Shakespeares Komödie hat das opia consort für seine Einspielung ein umfangreiches Programm von Musik der Renaissance und des Frühbarocks zusammengestellt. So wird dem Publikum heutiger Zeit ein Kaleidoskop der europäischen Musik aus der Zeit des universal gebildeten englischen Monarchen Heinrichs VIII. bis zum goldenen englischen Zeitalter unter seiner Tochter Elisabeth I. präsentiert.
Verbindende Kraft
Diese CD ist von Künstlern der Enkelgeneration der Musiker des Ulsamer-Collegiums eingespielt worden: Zwischen den beiden Aufnahmen stehen also 50 Jahre der Entwicklung in der historischen Aufführungspraxis. Dennoch fällt angesichts des musikalischen Ausdrucks beider Interpretationen deutlich auf – auch sich wenn von damals bis heute stilistisch und aufführungstechnisch etliches geändert hat, und auch die instrumentaltechnische Beherrschung der alten Instrumente sich in diesem Zeitraum entwickelt haben mag: Der Zugang zum inneren Kern dieser Musik ist beiden Ensembles gemeinsam und verbindet sie über die Jahrzehnte mit der Jahrhunderte alten Musik. Eine derartig künstlerische Kontinuität in der künstlerischen Auffasssung auf gleich hohem künstlerischen Niveau von den Anfängen der historisch-informierten Aufführungspraxis bis heute ist selten, es nötigt Respekt für die „Altvorderen“ ab und erbringt den Heutigen Hochachtung.
Vergleichseinspielung: Terpsichore: Musik der Renaissance und des Frühbarock, Ulsamer Collegium, DG Archiv 4152942 (AD: 1971).
Detmar Huchting [12.06.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Henry VIII | ||
1 | Helas Madame (Manuscript London 1510-20) | |
Pierre Attaignant | ||
2 | Bass Dance & Tourdion (Second livre de danceries, Paris 1547) | |
Luca Marenzio | ||
3 | Zefiro torna e'l bel tempo rimena - Ma per me, lasso (Madrigali a quattro Voci, libro Primo, Venedig 1585) | |
Giovanni Maria Trabaci | ||
4 | Gagliarda Terza à 4 detta la Talianella (Il Secondo Libro de Ricercate & altri varij Capricci, Neapel 1615) | |
Giovanni Picchi | ||
5 | Pass'e mezzo (Intavolatura di Balli d''Arpicordo, Venetia 1621) | |
Anon. | ||
6 | Si la noche haze escura (Cancionero de Upsala, Venedig 1556) | |
trad. | ||
7 | Waldeinsamkeit (Quodlibet) | |
Anon. | ||
8 | Besame y abraçame, marido mio (Cancionero de Upsala, Venedig 1556) | |
Johann Schop | ||
9 | Paduana a 3 (Erster Theil newer Paduanen, Hamburg 1633) | |
Anon. | ||
10 | Mojica (Cancionero musical de Palacio, 15. Jh.) | |
Giovanni Maria Trabaci | ||
11 | Gagliarda Terza à 4 detta la Talianella (Il Secondo Libro de Ricercate & altri varij Capricci, Neapel 1615) | |
Biagio Marini | ||
12 | Passacaglia op. 22 (Per ogni Sorte di Strumenti musicale di versi Generi di Sonate, da Chiesa e da Camera a 2, 3 e 4, Venedig 1655) | |
trad. | ||
13 | O du schöne Welt (Quodlibet) | |
Claudio Monteverdi | ||
14 | Si dolce è il tormento (Quarto scherzo delle ariose vaghezze, 1624) |
Interpreten der Einspielung
- opia Consort (Ensemble auf historischen Instrumenten)