Nostalgia
Brahms - Chorale Preludes • Dvořák - Biblical Songs
Gudrun Sidonie Otto Sopran • Andreas Liebis Organ
arcantus arc 25051
1 CD • 52min • 2023
28.12.2025
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Gesamteindruck:![]()
Klassik Heute
Empfehlung
Der Begriff „Nostalgie“ wird bei uns im landläufigen Sprachgebrauch als wehmütige Hinwendung zu vergangenen (und gerne verklärten) Zeiten verstanden und ist kaum mit religiösen Dingen konnotiert. Für die Sängerin Gudrun Sidonie Otto und den Organisten Andreas Liebig verbindet er sich dagegen mit der Frage: „Wo finden wir das Schöne, Wahre und Gute – auch im Angesicht des Todes?“ Die Bedrohungen der sogenannten „Corona-Pandemie“ und des weltweiten Rüstungswahnsinns haben sie gedrängt, darauf eine musikalisch-spirituelle Antwort zu geben. Mit der Verquickung der 11 Choralvorspiele op. posth. 122 von Johannes Brahms und der Biblischen Lieder op. 99 von Antonín Dvořák gelingen ihnen wie schon im vorher veröffentlichten Programm „De profundis“ tief schürfende, zu Herzen gehende Interpretationen.
Zwei Brüder im Geiste
Eine warmherzige Empfehlung von Johannes Brahms an den Verleger Fritz Simrock („Jedenfalls ist er ein sehr talentvoller Mensch. Nebenbei arm! Und bitte ich das zu bedenken!“) begründete 1877 die Karriere des bis dahin mittellosen und unbekannten böhmischen Musikers Antonín Dvořák. In späteren Jahren entwickelte sich eine enge, von gegenseitiger Anerkennung geprägte Freundschaft zwischen beiden Meistern. Sie hier mit geistlichen Musiken unmittelbar zu verbinden, war eine sehr gute konzeptionelle Idee: hier der skeptische norddeutsche Protestant („und doch glaubt er an nichts“ mutmaßte Dvořák), dort der tiefgläubige Katholik aus Böhmen finden zu einer gemeinsamen Sprache auf der Suche nach den letzten Dingen. Die „dialektische Spannung zwischen Leben und Tod, Liebe und Verlust, Schmerz und Trost“ bestimmt das vorliegende Programm. Für Brahms waren Schlaganfall und Tod der Freundin Clara Schumann, möglicherweise auch die Ahnung des eigenen Endes der Auslöser der Kompositionen, die 1896 entstanden sind, aber erst 1909 posthum veröffentlicht wurden. Dvořák war 1894 in New York, wo er als Direktor des Konservatoriums wirkte, von tiefer Sehnsucht nach seiner Heimat geplagt und in Sorge um seinen schwerkranken Vater, der zwei Tage vor Fertigstellung der Lieder starb.
Singen als Offenbarung
Gudrun Sidonie Otto und Andreas Liebig vermitteln die musikalischen und geistigen Inhalte der Kompositionen mit völliger Hingabe und Identifikation. „Nostalgia“ – das bedeutet hier die Sehnsucht nach Heimat und Erlösung. Es klingt etwas abgegriffen, von einer „Engelsstimme“ zu sprechen, aber der beseelte, reine Klang von Frau Ottos Sopran vermittelt die Illusion einer überirdischen Offenbarung. Und die verheißt Trost.
Ekkehard Pluta [28.12.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
| Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
|---|---|---|
| CD/SACD 1 | ||
| Johannes Brahms | ||
| 1 | Mein Jesu, der du mich op. 122 Nr. 1 (Choralvorspiel) | 00:04:04 |
| Antonín Dvořák | ||
| 2 | Wolken und Finsternis hüllen sein Antlitz G-Dur op. 99 Nr. 1 | 00:01:56 |
| Johannes Brahms | ||
| 3 | Schmücke dich, o liebe Seele op. 122 Nr. 5 (Choralvorspiel) | 00:02:20 |
| Antonín Dvořák | ||
| 4 | Zuflucht Du, Du bist mir ein Schirm und Schild e-Moll op. 99 Nr. 2 | 00:01:48 |
| Johannes Brahms | ||
| 5 | Herzliebster Jesu op. 122 Nr. 2 (Choralvorspiel) | 00:02:35 |
| Antonín Dvořák | ||
| 6 | Gott, o höre, hör' auf mein Gebet B-Dur op. 99 Nr. 3 | 00:02:40 |
| Johannes Brahms | ||
| 7 | O wie selig seid ihr doch, ihr Frommen op. 122 Nr. 6 (Choralvorspiel) | 00:01:49 |
| Antonín Dvořák | ||
| 8 | Gott, der Herr ist Hirte mir H-Dur op. 99 Nr. 4 | 00:02:41 |
| Johannes Brahms | ||
| 9 | O Gott, du frommer Gott op. 122 Nr. 7 (Choralvorspiel) | 00:03:48 |
| Antonín Dvořák | ||
| 10 | Als wir dort an den Wassern der Stadt Babylon saßen Es-Dur op. 99 Nr. 7 | 00:02:30 |
| Johannes Brahms | ||
| 11 | O Welt, ich muss dich lassen op. 122 Nr. 3 (Choralvorspiel) | 00:02:17 |
| Antonín Dvořák | ||
| 12 | Gott, erhör' mit Langmut mein Fleh'n D-Dur op. 99 Nr. 6 | 00:02:42 |
| Johannes Brahms | ||
| 13 | Herzlich tut mich erfreuen op. 122 Nr. 4 (Choralvorspiel) | 00:01:36 |
| 14 | Es ist ein Ros entsprungen op. 122 Nr. 8 (Choralvorspiel) | 00:03:01 |
| Antonín Dvořák | ||
| 15 | Blicke mich an und erbarme Dich meiner, Herr as-Moll op. 99 Nr. 8 | 00:02:26 |
| 16 | Herr, mein Gott, ich sing' ein neues Lied As-Dur op. 99 Nr. 5 | 00:02:16 |
| Johannes Brahms | ||
| 17 | Herzlich tut mich verlangen op. 122 Nr. 9 (Choralvorspiel) | 00:01:45 |
| 18 | Herzlich tut mich verlangen op. 122 Nr. 10 (Choralvorspiel) | 00:02:31 |
| Antonín Dvořák | ||
| 19 | Ich hebe den Blick zum Berg empor F-Dur op. 99 Nr. 9 | 00:02:12 |
| Johannes Brahms | ||
| 20 | O Welt, ich muss dich lassen op. 122 Nr. 11 (Choralvorspiel) | 00:03:01 |
| Antonín Dvořák | ||
| 21 | Singt, singet Gott, dem Herrn, neue Lieder F-Dur op. 99 Nr. 10 | 00:02:11 |
Interpreten der Einspielung
- Gudrun Sidonie Otto (Sopran)
- Andreas Liebig (Orgel)
