Johann Sebastian Bach
Johannes-Passion BWV 245
MD+G 332 0983-2
2 CD • 1h 54min • 1999
01.10.2000
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Johannes-Passion wurde von Bach mindestens viermal aufgeführt, wobei es jedesmal mehr oder weniger deutliche Änderungen gab. In der zweiten Fassung vom 30. März 1725 wurde der Eingangschor durch den Satz O Mensch, bewein dein Sünde groß (Nr. 35 aus der Matthäus-Passion BWV 244) ersetzt; nach dem Choral Wer hat dich so geschlagen (Nr. 11) wurde die Baßarie Himmel, reiße (BWV 245a) eingefügt; die Arie Ach mein Sinn (Nr. 13) wurde durch die Tenorarie Zerschmettert mich (BWV 245b) ersetzt; das Arioso Betrachte, meine Seel (Nr. 19) und die Arie Erwäge (Nr. 20) wurden durch die Tenorarie Ach windet euch nicht so (BWV 245c) ersetzt; und statt des Schlußchorals Ach Herr, laß dein lieb Engelein erklang der Satz Christe, du Lamm Gottes (Nr. 4 aus der Kantate BWV 23).
Diese Varianten hatte Hanns-Martin Schneidt bereits 1978 als Anhang seiner Einspielung (DGA 3 LP 2723 060) vorgestellt. Kenneth Slowik präsentierte sie erstmals auf CD (Smithsonian ND 0381), und zwar so, daß man sie an die entsprechende Stelle programmieren kann, was bei den Einspielungen von Stephen Cleobury (Brilliant 99050) und Helmuth Rilling (Hänssler 98.980) nicht möglich ist, weil alle Varianten am Ende der zweiten bzw. am Anfang der dritten CD vereint sind. Masaaki Suzuki bietet schließlich nur die drei alternativen Arien, nicht aber die beiden neuen Rahmensätze.
Peter Neumann ist nun der erste, dessen Aufnahme die zweite Fassung der Johannes-Passion in einem Durchlauf hören läßt. Dies ist insofern wichtig, als durch die Änderungen die Aspekte "Schuld" und "Sünde" stärker akzentuiert werden, die theologische Aussage des Werks also in eine etwas andere Richtung weist. Musikalisch kommt dies allerdings stärker bei Suzuki zur Geltung, der eine tiefere Verinnerlichung erzielt. Neumann ist hingegen der oratorischen Tradition unseres Jahrhunderts enger verbunden, was unzweifelhaft die Dramatik der Johannes-Passion unterstreicht, aber auch etwas monumental wirkt. Das eigentlich Bemerkenswerte der vorliegenden Einspielung ist der Einsatz einer großen Kirchenorgel als Continuoinstrument, was den Arien und Chorälen eine ganz eigene Färbung verleiht. Ob Bach aber schon 1725 ein Cembalo eingesetzt hat, scheint mehr als fraglich.
Insgesamt sind die historisch-philologischen Ansätze dieser Produktion und die allgemeine Musikalität der Mitwirkenden recht ansprechend. Was die spezifische Auseinandersetzung mit dem seelsorgerischen Anliegen der Johannes-Passion (und die Aufnahmetechnik) betrifft, bleibt Suzukis Einspielung freilich die erste Wahl.
Dr. Matthias Hengelbrock [01.10.2000]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Johannes-Passion BWV 245 |
Interpreten der Einspielung
- Ruth Holton (Sopran)
- Bogna Bartosz (Alt)
- Markus Brutscher (Tenor)
- Thomas Laske (Bariton)
- Tom Sol (Baß)
- Kölner Kammerchor (Chor)
- Collegium Cartusianum (Orchester)
- Peter Neumann (Dirigent)