
Edition Hera HERA 02101
1 CD • 68min • 1997
01.10.2000
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nein, für Sinnsucher ist diese Musik wirklich nichts. Der Joachim-Schüler und Végh-Lehrer Jenö Hubay (1858-1937) hatte nichts, aber auch gar nichts mit teutonischer Seinsauslotung zu schaffen. Seine Csárdás-Szenen sind Unterhaltungsmusik. Im allerbesten Sinne. Ein bißchen traurig, ein bißchen melancholisch am Anfang und immer feurig virtuos am Ende. Liszt und Sarasate und Paganini mit einer Prise Lehár verrührt und mit leicht herber, in der Blechbläser-Behandlung bisweilen auch etwas ordinärer Instrumentation im Stile Kodálys gewürzt – fertig ist eine Melange, bei der man sich nur darüber wundern kann, mit mit welch beängstigender Gründlichkeit diese Musik vergessen worden ist.
Vielleicht liegt es daran, daß von den elf Szenen nur zwei in Hubays Instrumentation erhalten sind. Aber die anderen neun haben Jelden und Farkas gekonnt rekonstruiert. Der 1971 geboren Jelden ist ein wirklich guter Geiger, ein mit allen Wassern gewaschener Virtuose der alten Schule, kein Grübler, sondern ein Funkensprüher. Im lausig aufgemachten, allzu reißerischen Booklet ist sein künstlerisches Credo nachzulesen: "Zur Hölle mit einem Geigenabend, der keinen Spaß verspricht."
Diese Gefahr besteht hier in keiner Sekunde, und selbst im dichtesten Ton-Gestrüpp verliert Jelden nie den Überblick, seine Intonation bleibt makellos, sein Ton schlank und ausdrucksvoll wie bei den ganz Großen, und auch bei diesem vergleichsweise halbseidenen Repertoire erlaubt sich der Geiger, der mit der Zigeuner-Musik groß geworden ist, keine Halbheiten. Da ist keine Phrase zufällig, keine Betonung unmotiviert, keine Verzierung Beiwerk. Ein großer Geiger – auch und gerade, wenn er sich an eher kleiner Musik reibt. Da schwappen die "Plattenseewellen" elegisch ins heimische Wohnzimmer. Neigt die Trauerweide ihre Blätter über den Köpfen Verliebter aller Semester, klagt Lájos Kossuth sein Lied, daß es unmittelbar nach der Seele greift.
Die Slowakische Begleitkapelle aus Kosice unter Urs Schneider macht ihre Sache sehr anständig, wenngleich die Tontechniker sie etwas zu weit in den Hintergrund rückten. Auch fehlen dem Orchester bisweilen die Obertöne, so daß es hier und da klingt, als spielten Ensemble und Solist in verschiedenen Räumen.
Kurzum, wunderbare Musik, wunderbare Bearbeitungen, wunderbare Musiker: wunderbare Produktion.
Peter Korfmacher [01.10.2000]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Jenő Hubay | ||
1 | Scènes de la Csárdá (Csárdás-Szenen) |