Hyperion CDA67138
1 CD • 74min • 1999
01.03.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Man braucht kein absolutes Gehör, um schon nach den ersten Tönen dieser Kunst der Fuge-Version des Komponisten Robert Simpson äußerst verblüfft zu sein. Der sonore Satz, im kollektiven musikalischen Gedächtnis als ein Idealtypus von d-Moll verankert, ist in ein helles, fundamentloses g-Moll übertragen worden. Simpson versucht so das Problem zu meistern, daß die Bach'schen Mittelstimmen unter die Reichweite der entsprechenden Instrumente des Streichquartetts geführt werden; das Juilliard String Quartet hatte sich durch den Bau eines neuen Instruments geholfen. Beide Entscheidungen stellen Lösungen dar, die ihrerseits wieder Probleme mit sich bringen; eine historisch adäquate Lösung ist nun mal nicht möglich, da das Streichquartett zur Entstehungszeit noch nicht etabliert war. So gesehen ist Simpsons Lösung legitim und vor allem bestechend einfach. Aber ist es tatsächlich der Schlag durch den Gordischen Knoten? Als Einwand nimmt Simpson im Begleitheft nur vorweg, daß nun das im Contrapunctus XIV exponierte B-A-C-H-Motiv als ES-D-F-E seinen Sinn verliert. Das mag zu verschmerzen sein, da natürlich die Tonfolge intakt bleibt. Dennoch macht es sich Simpson etwas leicht mit seiner Argumentation, Bach habe ja selbst recht undogmatisch transponiert. Er unterschätzt nämlich zunächst, daß neben der Relativität von Tonhöhen die konkrete Tonhöhe durchaus und gerade zur Bach-Zeit für sich eine Bedeutung hatte. Man stelle sich den Einleitungssatz des Weihnachtsoratoriums in G-Dur vor! Weiterhin verliert der Baß seine Funktion, da er in der nun tenoralen Lage nicht mehr als grundierendes Instrument wahrgenommen werden kann, auch wenn er faktisch die Abrundung des Satzes präsentiert. Und zuletzt berührt eine so radikale Transposition natürlich auch den Charakter der Musik und den Höreindruck. Dieses rezeptionsästhetische Argument ist für mich letztlich entscheidend. Am Spiel des Delmé Quartets gefällt zwar die durchgehende Feinheit des Tones, die präzise Formulierung der Artikulation. Aber die stets flotten Tempi, zusammen mit der Transposition, ergeben eine luftige, vielleicht manchmal flüchtige Höhenmusik; dabei wird der Satz gleichsam entleibt. Freilich könnte das die Geistigkeit der Musik noch stärker betonen. In dieser Hinsicht ist Simpsons Bearbeitung angemessen. Mit der Transposition als Lösung einer instrumentalen Überforderung jedoch hat dieser Charakterzug nichts zu tun.
Prof. Michael B. Weiß [01.03.2001]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Die Kunst der Fuge BWV 1080 |