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Besprechung CD

col legno WWE 20212

1 CD • 77min • 2002, 2003

14.06.2004

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Seine Omnipräsenz Wolfgang Rihm wird man kaum noch jemandem vorstellen müssen. Er ist eben einfach überall – und das ist es wohl auch, was das Cover der Produktion signalisieren will: Aus dem Spalt einer nackten, hölzernen Flügeltür lugt er mit derselben pfiffig-neugierigen Miene, die unlängst ein heimlicher Palastphotograph von Ihrer Majestät Queen Elizabeth II. hatte einfangen können.

Damit sind wir allerdings auch schon beim Schwachpunkt der Präsentation, dem Booklet, das leider dem künstlerischen Vorhaben – einer Gesamtaufnahme der Rihmschen Streichquartette – nicht angemessen ist. Die Seiten sind lieblos gestaltet, die Photoauswahl nicht gerade elegant zu nennen: Das Profil auf Seite 6 ist unscharf, das Konterfei auf Seite 8 hat etwas von Bruno Cremer, der eben seinen nächsten Mord begangen hat, und auf Seite 10 erinnert Wolfgang Rihm denn doch zu deutlich an unseren derzeitigen Außenminister, der freilich (anders als der Komponist auf dem schlecht belichteten Bild) alle Zähne im Mund und keinen Minipli hat.

Die Aufmachung ist desto bedauerlicher, als sich das Minguet Quartett der Quartette Nr. 5 und Nr. 6 nicht nur redlich und engagiert, sondern überdies auch mit einer technisch-musikalischen Risikobereitschaft annimmt, daß einem die erkleckliche Spielzeit doch äußerst ereignisreich vergeht. Gewiß, Rihms Musik klingt ja bisweilen ganz so, als hätte ein Kind seine Spielsachen kaputt gemacht und sich hinterher noch lange damit beschäftigt, voller Wut auch noch die letzten brauchbaren Dinge zu zertöppern – ein Trend, der sich schon früh zeigte und im vorliegenden Fall bei einem unmittelbaren Vergleich mit dem vierten Quartett ganz offenkundig wird. Aus heutiger Sicht geben sich die beiden Einsätzer allerdings gerade wegen dieser Zersplitterungen als prophetische Stücke zu erkennen: Die quasi neurotischen, zukunfts- und konsequenzlosen Momentaufnahmen; die unaufhörlichen Aggressionen, die sich, kaum daß einmal etwas Gestalt annehmen will, sogleich von allen Seiten über den Gedanken hermachen, um ihn zu zerfetzen; die immer wieder bis ins Extrem getriebenen Registerkollisionen – all das bestätigt nur, daß die Kunst tatsächlich die Szenarien entwirft, in denen sich anschließend das sogenannte Leben abspielt. Verdienstvoll im höchsten Maße ist es, daß die vier Musiker mit ihrem explosiven Spiel diesen Zusammenhang hörbar machen, verdienstvoll auch, daß sie ohne alle Hemmungen zeigen, wie wenig Zeit noch zwischen Angstvisionen und deren allgemein-gesellschaftlicher Verwirklichung bleibt. Das Paradoxon aber, gerade mit diesen beklemmenden Bildern zum Establishment zu gehören, muß nicht das Ensemble auflösen ...

Rasmus van Rijn [14.06.2004]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Wolfgang Rihm
1Streichquartett Nr. 5 (Ohne Titel, 1981/1983)
2Streichquartett Nr. 6

Interpreten der Einspielung

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