Carus 83.175
1 CD • 65min • 2005
02.08.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Johann Adolph Hasse (1699-1783), der in Bergedorf bei Hamburg geborene Komponist, kann für sich die Ehre beanspruchen, Johann Sebastian Bach am Dresdner Königshof ausgestochen zu haben. Und das nicht allein mit seinen Opern, deren Arien der Leipziger Thomaskantor Bach übrigens hoch schätzte und mit dem Kosewort „Dresdner Liederchen“ belegte; nein, auch seine geistliche Musik entsprach genau dem Geschmack seiner Epoche (die sich über den strengen und ein wenig altmodischen Stil des Leipziger Bach insgeheim zu mokieren begann). Ein weiterer unleugbarer Vorteil des lutherischen Kantorensohns Hasse war, daß er während seiner Jahre in Italien zum Katholizismus konvertiert war, genau wie die sächsische Kurfürstenfamilie, eine der Säulen der lutherischen Reformation, sich für die Erlangung der polnischen Königskrone der römisch-katholischen Religion zugewandt hatte (was ihnen das erzlutherische Sachsen, inklusive des Thomaskantors Bach, nie richtig verziehen hat). Johann Christian, der jüngste Bach-Sohn, sollte selbst später in Mailand Hasses Schritt wiederholen und katholisch werden, was zu einem Bruch mit seinem älteren Bruder Carl Philipp Emmanuel führte, der sich für den Rest der Tage dieses Brüderpaares nicht mehr hat kitten lassen.
Hans Christoph Rademann stellt auf dieser CD das dem Frühwerk angehörende Misrere in d-Moll mit dem Requiem Es-Dur zusammen, das 1764 vermutlich als Totenmesse des sächsisch-polnischen Thronfolgers Friedrich Christian entstand. Das repräsentative Werk markiert das Ende der Dresdner Zeit von Johann Adolph Hasse, dessen Tage in der sächsischen Metropole im Zuge einer Haushaltssanierung nach dem Tod des prunkliebenden Königs Augusts des Starken 1763 gezählt waren. Wie in einem letzten Défilé zieht die ganze dramatische Kunst Hasses im Verein mit den aus dem 17. Jahrhundert ererbten Fertigkeiten im fugierten Satz an dem andächtigen Dresdner Publikum vorüber – eine Synthese von Moderne und Tradition, die der Leipziger Kollege weder liefern konnte noch mochte. In Zeiten einer seit über 100 Jahren andauernden religiösen Indifferenz der kulturellen Eliten muß das Zuhörer des 21. Jahrhunderts nicht mehr interessieren, man wird heute diesen ausgezeichneten Kompositionen einen Platz unter den Meisterwerken des Spätbarocks einräumen, den sie unzweifelhaft verdienen. Daß Bachs Kantaten sich bis heute in der allsonntäglichen Musizierpraxis der protestantischen Kirche behauptet haben, ist Hasse nicht anzulasten. Zumal die engagierte Aufführung von Hans Christoph Rademann und seinen Musiker sich als ein geradezu ideales Plädoyer für die Musik von Johann Adolph Hasse erweist.
Detmar Huchting [02.08.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Adolf Hasse | ||
1 | Requiem Es-Dur | |
2 | Miserere d-Moll |
Interpreten der Einspielung
- Simona Houda-Saturová (Sopran)
- Britta Schwarz (Alt)
- Erik Stokloßa (Tenor)
- Gotthold Schwarz (Baß)
- Dresdner Kammerchor (Chor)
- Dresdner Barockorchester (Orchester)
- Hans-Christoph Rademann (Dirigent)