EMI 5 58006 2
3 CD • 3h 46min • 2004/2005
05.10.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Vom kürzlich ausgeschiedenen EMI-Classics-Präsidenten Peter Alward ist er gleichsam mit Trauerrand angekündigt worden, dieser seit rund zehn Jahren geplante Tristan, mit dem sich Startenor Plácido Domingo einen Lebenstraum erfüllt. Denn laut Alward ist dies die letzte hochkarätige Studioproduktion einer Oper auf CD, die sich seine Firma leisten könne. Dass die Hierarchie in der künstlerischen Rangordnung der bis heute vorliegenden fast fünf Dutzend Tristan-Aufnahmen durch diese neueste EMI-Einspielung nicht erschüttert wird, liegt vor allem an der problematischen Leistung des fast schon messianisch angekündigten Protagonisten Domingo. Gewiss, ihm gelingen schöne lyrische Momente geschmeidigen Legatogesangs, doch auch an piano-Wohllaut ist ihm der große dänische Tenor Lauritz Melchior, der bedeutendste Tristan überhaupt, mindestens ebenbürtig und an dramatischer forte-Kraft ohnehin haushoch überlegen. Domingos Hauptproblem ist indes nach wie vor sein mangelhaftes Deutsch, das einen Sänger seiner Reputation schlichtweg disqualifiziert: unterdrückte Konsonanten, verschluckte Silben, deformierte Worte lassen seine Artikulation zumal in schnell genommenen Phrasen unverständlich werden und verhindern eine differenzierte, textbezogene Vermittlung des Gesungenen.
Das zweite sängerische Manko ist Olaf Bärs durchgängig überforderter und in seinem hellen Timbre mit Domingo zu wenig kontrastierender lyrischer Bariton als Kurwenal. Nur durch Forcieren seiner leichtgewichtigen Stimme kann Bär (pseudo-)heldenbaritonale Akzente setzen. Exzellent hingegen sind die beiden weiblichen Rollen besetzt: Nina Stemme ist eine jung und feminin klingende Isolde, die dennoch den Strapazen der Partie problemlos gewachsen ist, durchweg glaubwürdig in ihrer Darstellungsintensität. Als passendes stimmliches Gegenüber zeigt sich Mihoko Fujimuras heller Mezzo, deren Brangäne mehr gleichaltrige Freundin und Gefährtin ist als subalterne Dienerin. An René Papes Prachtbass kommt heute keine Wagner-Aufnahme mehr vorbei, einmal mehr liefert er als Marke ein Exempel für unsentimental-schlichte Gestaltung nur aus der musikalischen Linie heraus.
Antonio Pappanos glänzendes Dirigat reiht sich neben Furtwängler, Karajan (live 1952) und Carlos Kleiber unter die Spitzenleistungen der Discographie ein. Er bleibt stets äußerst nah am Notentext und befolgt akribisch die Vortragsbezeichnungen Wagners. Ihm gelingt eine Demonstration dessen, was diese epochale Partitur an überbordender Klangpracht, zarter Transparenz, dynamischer Vielfalt und glühendem Farbenreichtum zu bieten hat, wenn man sie nicht überfrachtet und bedeutungsschwer auflädt, sondern unverstellt zu Wort kommen lässt.
Kurt Malisch † [05.10.2005]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Richard Wagner | ||
1 | Tristan und Isolde |
Interpreten der Einspielung
- Plácido Domingo (Tristan - Tenor)
- Nina Stemme (Isolde - Sopran)
- Mihoko Fujimura (Brangäne - Mezzosopran)
- René Pape (König Marke - Baß)
- Olaf Bär (Kurwenal - Bariton)
- Jared Holt (Melot - Tenor)
- Ian Bostridge (Ein Hirte - Tenor)
- Matthew Rose (Steuermann - Bariton)
- Rolando Villazón (Ein junger Seemann - Tenor)
- Chorus of the Royal Opera House Covent Garden (Chor)
- Orchestra of the Royal Opera House Covent Garden (Orchester)
- Antonio Pappano (Dirigent)