Ester Apituley Viola Voilà
Challenge Records CC72165
1 CD • 68min • 2006
09.02.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Schubert und Vieuxtemps, Strawinsky und Cage, dazu Unterhaltungsmusik von Drigo und Piazzolla – auch die betont schick und modern gehaltene Aufmachung vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, daß Esther Apituleys mittlerweile zweites Viola-Album Viola Voilà äußerst heterogen zusammengestellt ist. In Folge gehört, hinterläßt die Platte zwar den Eindruck einer gewissen inneren Einheit; der Hörer muß ihn freilich selbst herstellen, weil er vom Beiheft in dieser Hinsicht komplett allein gelassen wird. Die ansprechende, an der Pop- -Ästhetik angelehnte Gestaltung könnte vielleicht tatsächlich neue Interessentenschichten erschließen; fraglich ist aber doch, ob zugunsten der ansprechenden äußeren Gestaltung auf praktisch jegliche Information zu den Werken verzichtet werden sollte.
Der Gedanke von Viola Voilà ist wohl, möglichst viele Aspekte der Viola, vor allem aber die Stilvielfalt, zu der sie fähig ist, vor Ohren zu führen. Zu den größten Vorzügen von Esther Apituleys klangschönem Spiel gehört ihre ganz ungebrochene Gesanglichkeit. Diese macht die Interpretation des gewichtigsten Stückes, der Arpeggione-Sonate Franz Schuberts, sehr lohnend; man höre etwa das Adagio, in dem jede Linie voll ausgespielt wird. Apituleys Gesang ist zärtlich und innig, im Ganzen sehr natürlich, intakt, sie kommt vollkommen ohne metaphysisches Raunen aus. Ihr Ansatz ist also tendenziell – trotz der Entrückungsbeteuerungen im Beiheft – ein diesseitiger, und vielleicht könnte manche Wendung gerade im langsamen Satz noch ein wenig hintergründiger oder auch ekstatischer sein. Dafür sind allerdings in den Ecksätzen auch die aufjauchzenden Passagen schön in die bruchlose Gesangslinie eingebunden, und das weiche und leuchtende Klavierspiel Rie Tanakas tut ein übriges, die Wärme dieses Stückes angenehm auszukosten.
Dagegen wird es manchen Hörer, der diese Vorzüge der Viola bereits kennt, überraschen, zu welch’ kühlen Tönen dieses Instrument auch fähig ist. Zu einer faszinierenden Kälte-Studie gerät John Cages Dream, von Apituley selbst für vier Violen und Klavier bearbeitet, ein merkwürdig statisches, in seiner Reinheit geradezu kristallin wirkendes Stück, dessen überaus kontrollierte Determination den Cage’schen Experimenten mit dem Zufall geradezu zu widersprechen scheint. Zu einem weiteren Höhepunkt des Programms wird auch die berühmte, hier wunderbar erdig gespielte Elegy Igor Strawinskys, während ein eigener Kompositionsversuch Apituleys sich in seinem wenig raffinierten, vornehm-jazzig angehauchten Minimalismus eher dürftig ausnimmt. Die qualitative Unterschiedlichkeit der Stücke muß man wohl kritischer bewerten als die stilistische; es bleibt jedoch der interpretatorische Verdienst Apituleys, an ihrem Instrument sowohl die Fähigkeit zur Wärme als auch die zu frappierender Kühle herausgearbeitet zu haben.
Prof. Michael B. Weiß [09.02.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Sonate für Arpeggione (Violoncello) und Klavier a-Moll D 821 (Arpeggionesonate) | |
Riccardo Drigo | ||
2 | Valse Bluette | |
Henri Vieuxtemps | ||
3 | Capriccio c-Moll op. post. 9 für Viola solo | |
John Cage | ||
4 | Dream | |
Igor Strawinsky | ||
5 | Élégie für Viola solo (1944) | |
Esther Apituley | ||
6 | Hydropath | |
Gabriel Fauré | ||
7 | Berceuse op. 16 | |
Astor Piazzolla | ||
8 | Le Grand Tango |
Interpreten der Einspielung
- Esther Apituley (Viola)
- Rië Tanaka (Klavier)
- Amsterdam Viola Quartet (Ensemble)