Barenboim Live At Scala Liszt
Warner Classics 256469785-2
1 CD • 75min • 2007
14.01.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wer schätzt, ja bewundert nicht die jüngsten Initiativen des Künstlers, des künstlerisch tätigen Politikers Daniel Barenboim?! Und im Allgemeinen spielt er auch noch Respekt erheischend Klavier – trotz und neben all den dirigentischen Verpflichtungen im Konzertsaal und in der Oper. Besonders der zweite Band des Wohltemperierten Klaviers konnte (mich) überzeugen. Eine reife, nachdenkliche, wenn nötig auch geschmeidige, im technischen Ernstfall auch brillante Vorführung wohl auch in Erinnerung früher, jugendlicher Beschäftigung mit diesem für jeden Musiker schier unverzichtbaren Barock-Kompendium. Nun aber hat es der Pianist – und mit ihm leider auch sein CD-Produzent – für sinnvoll gehalten, einen Liszt-Abend aus der Mailänder Scala für genehmigungsfähig zu erachten. Barenboim hat dieses Repertoire in früheren, klavieristisch besseren Zeiten bereits für die Deutsche Grammophon aufgezeichnet. Damals mit guten Ergebnissen, wenngleich in den primär kraftvollen, den Ausführenden technisch fordernden Passagen nicht ganz auf der Höhe sogenannter Liszt-Spieler (wie sie unten angegeben sind).
In Mailand nun quält und schummelt sich Barenboim durch die Erlebens- und Erleidenkreise der Dante-Sonate, bahnt sich bellend, kreischend seinen Weg bis zum bitteren Ende. Kaum zu zählen sind die verrutschten Akkordschläge, die verpassten Töne an den Spitzen der musikalischen Topographie. Und hinzu kommt noch, dass die Aufnahmeregie einen Klavierklang bereitstellt, der eher an eine Privataufnahme im häuslichen Rahmen denken lässt. Kurzum: eine mir völlig unverständliche Edition, bestenfalls vor einem rein ökonomischen Hintergrund zu entschuldigen – oder wollte Barenboim es allen Kollegen noch einmal zeigen, dass man den Tristan leiten, daneben ein (wunderbares) grenzüberschreitendes Orchester zum Leben erwecken und am Leben erhalten kann, nebenbei auch auf dem Posten ist, wenn es Sänger zu begleiten gilt – und dennoch bei all diesen Verpflichtungen ein volles Liszt-Programm in den Fingern hat! Nur: er hat es nicht! Einige lyrische, aromatisch stimulierende Sonett-Passagen, auch manches in der Vogel-Legende versöhnen vorübergehend, aber in betrüblichster Erinnerung bleiben die akustischen Müllhaufen am Wege einer in dieser Version absolut ungöttlichen Komödie.
Vergleichsaufnahmen: Barenboim (DG); Petrarca-Sonette: Weissenberg (RCA), Arrau (Philips), Brendel (Philips); Dante-Sonate: Afanassiev (EMI), Ogdon (Testament SBT 1133), Rembold (Artists AIA 195028), Bresciani (Dynamic CDS 183), Pletnev (DG 457 629-2), Rubackyté (Lyrinx 183), Andsnes (EMI 557002 2), Petrushansky (Agorá 145.1), Dichamp (Lyrinx 176), Barbosa (Connaisseur Society CD 4192), M. Schlüter (Koch 3-1813-2), Marshev (Danacord 530), J. Margulis (HH M&M 39907-2), Ogdon (Great Pianists Philips 456 916-2), Arrau (Orfeo C 611031 B), Krumpöck (Pan classics 510145), Wild (Ivory 72001), Matsuev (RCA 82876 61273 2)
Peter Cossé † [14.01.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Liszt | ||
1 | Zwei Petrarca-Sonette | 00:18:36 |
4 | Saint François d'Assise S 175 Nr. 1 (La prédication aux oiseaux, Legende) | 00:10:44 |
5 | Après une lecture de Dante S 161:7 (Fantasia quasi Sonata, aus: Années de pèlerinage duexième année – Italie) | 00:17:14 |
6 | Danza sacra e duetto final aus Aida S 436 R 266 | 00:10:45 |
7 | Miserere du Trovatore S 433 R 266 | 00:09:02 |
8 | Konzertparaphrase nach der Oper »Rigoletto« von G. Verdi S 434 R 267 for Piano | 00:08:15 |
Interpreten der Einspielung
- Daniel Barenboim (Klavier)