Christian Heinrich Rinck Geistliche Werke
hänssler CLASSIC 98.262
1 CD • 40min • 2006
25.01.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Als der Gießener Universitätsmusikdirektor Christian Heinrich Rinck (1770-1846) mit dem Titel eines Doktor honoris causa geehrt wurde, gehörte der heutzutage nur als Komponist von Orgelmusik und Verfasser von Lehr- und Übungsbüchern für Orgelmusik zu den bedeutendsten Kirchenmusikern seiner Zeit. Nicht zuletzt hatte dazu seine spätere Lebensstellung und sein Ruf als Hof- und Schloßkirchenorganist in Darmstadt beigetragen, ebenso seine Ausbildung bei dem Erfurter Bachschüler Johann Christian Kittel. Verblaßt sind dagegen seine Chorschöpfungen, die erst in jüngster Zeit durch vereinzelte Ausgrabungen zaghaft einen Platz im CD-Repertoire gefunden haben. Das aktuelle Ergebnis eines erneuten Anlaufes durch den Kirchenmusiker und Leiter des Bach-Chores Siegen, Ulrich Stötzel, verdient daher Beifall, handelt es sich hierbei doch um drei repräsentative Chorwerke. Darüber hinaus geben alle drei Stücke hörenswerte und aufführungswürdige Anregungen für die gegenwärtige, historisch orientierte Kirchenmusikpraxis. Ihr besonderer Reiz mag darin liegen, aus dem Erfahrungsschatz Rincks für die Gestaltung von Festgottesdiensten mit guten Laienchören schöpfen zu können.
Bei aller Schlichtheit der Satzanlage, deren Rückgrat die begleitenden Orgelsätze bilden, spürt auch hier das Collegium vocale Siegen – gemäß eigener Devise – den affektiven Intentionen historischer Aufführungspraxis nach. Im Ansatz bedeutet dies, den wenig vertrauten, nachbarocken Stil der „Enkelgeneration“ Bachs zu realisieren. Aufklärerischer Geist und der sich anbahnende Historismus ergeben eine reizvolle Mischung. Das erinnert in syllabisch deklamierenden Passagen bisweilen an die Deklamatorik eines Heinrich Schütz, obwohl dessen Wiederentdeckung zu Rincks Zeiten noch auf sich warten ließ. Dennoch sind trotz einer künstlerisch sehr engagierten Aufführung der Werke einige wichtige „Hörbedingungen“ unterbelichtet geblieben.
Ein akustisches Problem stellt offensichtlich die Martinikirche in Siegen dar, deren Orgelklang mit allzu geringer räumlicher Distanz eingefangen wurde. Die mikrophonale Berührungsnähe zu den obligaten Prinzipalregistern erschwert spürbar das vokale Geschehen in textverständlich-sprachlicher Hinsicht. Parallel dazu verliert der Chor die Transparenz im erforderlichen Gleichgewicht aller Stimmen. Die Macht des hellen Kirchenhalls und die kompositorisch bedingte häufige Bevorzugung hoher Sopranlagen (in weiten Intervallabständen zu den Alt- und Männerstimmen) blieben somit von der Tonregie unbewältigt. Gleichwohl hätten Werk und Darbietung einen technischen Hilfseinsatz verdient. Die Psalm-Motette Lobe den Herrn, sowie Rincks kirchenmusikalische Verkündigungen in der Form der vorliegenden Erntedank- und Weihnachtskantate dürften sich, davon unangefochten und angeregt durch die vorliegenden CD-Veröffentlichung, dennoch als eine willkommene Erweiterung des einschlägigen Standardrepertoires vieler Kantoreien erweisen.
Dr. Gerhard Pätzig [25.01.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Christian Heinrich Rinck | ||
1 | Gott sorgt für uns op. 98 | 00:13:06 |
8 | Postludium F-Dur op. 55 – Moderato | 00:03:07 |
9 | Lobe den Herrn meine Seele op. 88 | 00:06:33 |
12 | Postludium G-Dur op. 55 – Allegro | 00:02:14 |
13 | Auf, Christen, lasst uns unsern Gott op. 73 (Weihnachtskantate) | 00:15:13 |
Interpreten der Einspielung
- Collegium vocale Siegen (Chor)
- Ulrich Stötzel (Dirigent)
- Peter Scholl (Orgel)