Claudio Monteverdi
Primo & Nono
Glossa GCD 920921
1 CD • 73min • 2006
24.06.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Über ein halbes Jahrhundert liegt zwischen Claudio Monteverdis erstem (1578) und dem 1651, acht Jahre nach Monteverdis Tod und demnach ohne Mitarbeit des Komponisten veröffentlichten neunten Madrigalbuch. Eine Zeitspanne, in der das Madrigal zum Experimentierfeld gegenüber geltenden Regeln wurde, in der Monteverdi das musikalische Affektvokabular enorm erweiterte und mit der zu Gunsten der Textausdeutung abweichenden Behandlung von Kon- und Dissonanzen heftige Kontroversen auslösen sollte.
Wenn diese Entwicklung auf der vorliegenden Einspielung auch nicht nachgezeichnet wird, so demonstriert die Aufnahme mit dem Vokalensemble La Venexiana doch bereits innerhalb der frühen Madrigale die Fähigkeit des Komponisten, die in ihrem Ausdrucksgehalt so vielfältigen Textvorlagen eindrucksvoll in eine affektgeladene Musik zu überführen: etwa mit raffinierten Klangwechseln, Hell-Dunkel-Effekten, oder mit einem Wechsel des Deklamationstempos und -rhythmus’ innerhalb eines Satzes. All das ist eingebettet in unterschiedliche Satztechniken. Tänzerisch zäsierte, zäsurverschleiernde, strophisch gebaute, ja bisweilen beinahe motettisch freischwebende Gebilde sind anzutreffen, mal in imitatorischer Ausformung, mal in akkordischer Bauweise. Dies gilt vor allem für die dichten fünfstimmigen Madrigale des sehr lyrisch gehaltenen ersten Buchs.
Textlich dreht sich natürlich alles um die Liebe, auch in den generalbassbegleiteten, stellenweise konzertierenden und größtenteils hochexpressiven Sätzen der – nicht nur aufgrund der Hinzunahme von Canzonetten – weniger organisch wirkenden neunten Sammlung. In der hauptsächlich idealisierenden, stellenweise naiven Liebeslyrik mit gelegentlichen pastoralen Zügen wird herzzerreißend gehofft, sich verzehrt und gelitten. Texte mit einer erotischen Komponente, wie etwa in dem sehnsuchtsvollen „Baci soavi e cari“ aus dem ersten Madrigalbuch, sind im Gegensatz zu den späteren Madrigalsammlungen noch kaum vertreten.
Die Ausdrucksintensität und Leidenschaft dieser Texte und dieser Musik finden jedoch nur bedingt ihre Entsprechung in der Wiedergabe durch das Ensemble La Venexiana. Dieses verfügt innerhalb eines sehr homogenen Gesamtklangs über deutlich konturierte Einzelstimmen, die Monteverdis reiche Farbgebung schön zur Geltung bringen. Auch demonstrieren die sieben intonationssicheren, sehr tonschön und wendig geführten Stimmen rhythmische Prägnanz sowie eine feinsinnige und von übertriebenen Manierismen freie Gesangskunst, bei der Natürlichkeit und ein stets klar strukturierter Stimmverband im Vordergrund stehen. Dies geht aber nicht nur ein Mal zu Lasten der Veranschaulichung des Textgehalts. Zwar glänzt das Ensemble mit vorzüglichem Betonen von Einzelwortausdeutungen (dolore, martire, morire, sospiro oder gioie). Doch gehen zahlreiche Affekte, Grundstimmungen wie Verzweifelung, Erfüllung oder süße Todessehnsucht, immer wieder in oft nuancenarmem Wohlklang unter; einige Canzonetten aus dem neunten und das dreiteilige Ardo, si, ma non t’amo aus dem ersten Madrigalbuch bilden erfreuliche Ausnahmen. Einen kleinen Abzug gibt es leider auch für das CD-Booklet, das zwar fünfsprachige Madrigaltexte, dafür aber keine Angaben zu dem Vokalensemble enthält. Das sollte bei der die Monteverdi-Edition nun abschließenden Veröffentlichung nicht passieren.
Christof Jetzschke [24.06.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Claudio Monteverdi | ||
1 | Primo Libro dei Madrigali | 00:35:52 |
18 | Nono Libro dei Madrigali | 00:37:06 |
Interpreten der Einspielung
- La Venexiana (Ensemble)