Ludwig van Beethoven
Complete Violin Sonatas Vol. 1
Accent ACC 24211
1 CD • 60min • 2008
29.06.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Für den Beginn ihrer Einspielung sämtlicher Beethoven-Violinsonaten auf historischen Instrumenten haben sich die große Dame des Fortepianos, Linda Nicholson, und der vor allem durch seine Arbeit mit William Christie bekannt gewordene Hiro Kurosaki gleich zweier Gipfelwerke nicht allein der Beethovenschen Literatur für Violine und Klavier angenommen. Gerade die Gegensätzlichkeit der jegliche Konvention sprengenden, virtuos angelegten, erregt drängenden und weiträumig konzertanten Kreutzer-Sonate und Beethovens letztem Werk dieser Gattung, der wieder nach innen gewandten Sonate G-Dur op. 96, erfordert den kompletten Künstler. Was die Musizierpraxis angeht, so zeigen sich der japanisch-österreichische Geiger und die britische Hammerklavier-Spezialistin bestens vertraut mit den historisch informierten Standards. Außerdem verfügen sie über Instrumente, deren Klanglichkeit beiden Werken eine überaus attraktive Färbung verleiht, wobei unüberhörbar die Klangvielfalt, die Brillanz und die Differenzierungsmöglichkeiten des hier verwendeten Wiener Hammerklaviers von Johann Fritz (um 1812) der Aufnahme ihren Stempel aufdrücken. Wenn aber in der Produkt-Info zu dieser CD davon die Rede ist, dass die erste Gesamtaufnahme der Beethoven-Violinsonaten auf historischen Instrumenten gleich zu Beginn Maßstäbe in ihrer Kategorie setzen wird, dann muss die Frage erlaubt sein: Maßstäbe worin?
Bewundernswert sind der unbändige Ausdruckswillen beider Künstler, ihre technische Meisterschaft, die sich gerade in einem ausgesprochen leichtfüßigen und gelenkigen Phrasieren offenbart, ihr absolut präzises Miteinander und die Kunst des gegenseitigen Einfühlens. Ebenso ihr nicht nur mitreißend konzertanter, sondern tatsächlich kämpferisch anmutender Wettstreit im Kopfsatz der Sonate A-Dur op. 47 sowie ihr feinsinniger Dialog in der G-Dur-Sonate op. 96. Kurosakis und Nicholsons energische und sehr akzentuierte Beethoven-Lesart scheut weder klangliche noch dynamische und Tempo-Extreme. Doch das scharfe Nachzeichnen der musikalischen Verläufe besonders der Kreutzer-Sonate geht kaum in die Tiefe. Sie rauscht trotz gemeinsam atmender Interpreten fast schon atemlos vorüber und lässt mich eine erkennbare persönliche Note vermissen. Daran ändert auch nichts – entsprechend der Erstaufführung dieser Sonate durch den ursprünglichen Widmungsträger George Polgreen Bridgetower – Kurosakis Einfügen eigener Kadenzen in den Fermaten des Kopfsatzes und das Variieren Linda Nicholsons der für das Klavier auskomponierten Kadenzen. Als kleines Manko empfinde ich darüber hinaus das Fehlen echter Gefühlswärme im Andante con Variazioni und den Umstand, dass nur wenige melodische Linien wirklich bis zum Ende ausgesungen werden. Um so mehr überzeugen mich die Eleganz und gestalterische Feinarbeit in der G-Dur-Sonate op. 96, wenn auch manche Temposchwankungen im Allegro moderato und die stellenweise etwas spröde Sanglichkeit des elegischen Adagio espressivo diskussionswürdig sind. Wie kontrolliert Nicholson und Kurosaki jedoch in eine keineswegs abgeklärte, sondern sehr lichte Grundstimmung eintauchen (in der volkstümlich wirkenden Variationsfolge des Finales gar in einen leicht humorvollen Tonfall), das verdient höchsten Respekt.
Christof Jetzschke [29.06.2009]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Sonate Nr. 9 A-Dur op. 47 (Kreutzer-Sonate) | 00:36:09 |
4 | Sonate Nr. 10 G-Dur op. 96 für Violine und Klavier | 00:23:53 |
Interpreten der Einspielung
- Hiro Kurosaki (Violine)
- Linda Nicholson (Klavier)