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Besprechung CD

cpo 777 410-2

1 CD • 64min • 2008

16.03.2010

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Heinrich II. von Reuß-Gera wurde am 10. Juni 1572 in Gera geboren, und da sein Vater zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war, erhielt der Knabe den Beinamen „Posthumus“. Dieser Heinrich Posthumus war ein ebenso frommer wie pragmatischer Herr: Unter seiner Regentschaft erlebte die Stadt Gera ihre erste wirtschaftliche Blüte, da er, selbst Lutheraner, gegen den Rat seiner Hoftheologen calvinistischen Flüchtlingen aus Flandern in seiner Residenzstadt Zuflucht bot; mit ihren Fähigkeiten und durch Fleiß verhalfen die neuen Untertanen dann der Wollfabrikation in Gera zum Aufschwung.

1635 starb Heinrich Posthumus, und für seine letzte Reise traf er genaue Vorkehrungen: Im festen Vertrauen auf Luthers Lehre, dass allein Gottes Wort selig macht, ließ er seinen Sarkophag mit 25 Bibelsprüchen und Zeilen aus Kirchenliedern schmücken, die besonders auf den Lobgesang des Simeon Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren Bezug nahmen. Der Auftrag zur Trauermusik erging an Heinrich Schütz, und dieser gestaltete aus diesen Sprüchen ein geistliches Begräbniskonzert, das Würde, Hoffnung und Trost vereint. Als Heinrich Posthumus schließlich in seine Gruft getragen wurde, intonierte der Chor in der Kirche den Lobgesang des Simeon, während gleichzeitig ein zweiter Chor den Sarg bei seiner Ankunft in der Grabstätte mit der Motette Selig sind die Toten begrüßte. So konnte die Trauergemeinde darauf vertrauen, dass Heinrich Posthumus auferstehen werde wie einst sein Heiland.

Der Herr von Gera (erst im späten 18. Jahrhundert wurde die Familie Reuß in den Fürstenstand erhoben) war kein besonders mächtiger unter den deutschen Regenten; doch obwohl Heinrich Schütz als Kapellmeister in Diensten des sächsischen Kurfürsten stand, war er der Familie Reuß von früh auf verbunden: Sein Vater, als Köstritzer reußisches Landeskind, hatte aus Treue zu seinem Regentenhaus seinem Sohn den in der Familie Schütz bis dahin nicht üblichen Namen Heinrich gegeben, den bis auf den heutigen Tag alle männlichen Mitglieder des Hauses Reuß führen. Heinrich Posthumus und Schütz standen überdies auch persönlich in Verbindung, 1617 beriet der berühmte Meister im Reich der Musik den Herrn von Gera, Greiz und Lobenstein beim Aufbau der Hof-, Kirchen- und Schulmusik in dessen Herrschaftsbereich. Schütz hat den gebildeten und mitten in den Wirren des 30-jährigen Krieges als treusorgender Landesvater erfolgreichen Heinrich Posthumus offensichtlich geschätzt, gedachte er seiner doch in einem langen Trauergedicht. Schütz rechnete die Musikalischen Exequien zu seinen gelungenen Werken – schon 1636 ließ er sie im Druck erscheinen und gab in seiner Vorrede ausführliche Hinweise für die Aufführung der Komposition. Bei seinen Zeitgenossen hat er indes wenig Resonanz gefunden, erst im 20. Jahrhundert fand das Werk gebührende Anerkennung; es liegt mittlerweile in etlichen Einspielungen vor.

In Manfred Cordes und seinem Ensemble Weser-Renaissance Bremen findet Schütz Interpreten, die bestens berufen sind, alle Aspekte dieses außerordentlichen Werkes in all seiner Schönheit, Innigkeit und Grandeur auszuleuchten. In Ergänzung zu der kunstvollen Trauermusik erklingen noch Schütz’ Vertonungen von fünf Bußpsalmen. Drei Sätze entstammen dem so genannten „Beckerschen Psalter“ von 1661, der auf einer zeitgenössischen Versdichtung von Cornelius Becker beruht; sie sind in schlichtem, vierstimmigem Satz gehalten. Zwei Bußpsalmen sind der Sammlung Psalmen Davids entnommen, die Schütz 1619 als erste geistliche Werksammlung in Diensten als sächsischer Kapellmeister veröffentlichte. Voll Selbstbewusstsein zeigt er in ihnen, was er in Venedig bei Giovanni Gabrieli gelernt hat, gleichzeitig bringt er hier die kraftvolle Sprache Martin Luthers in all ihrer Inbrunst und Glut höchst wirkungsvoll zur Geltung. So runden diese fünf Psalmvertonungen die eindringliche Interpretation der Musikalischen Exequien von Manfred Cordes zu einem Porträt des von Zeitgenossen als „Vater unserer modernen Musik“ gepriesenen Heinrich Schütz.

Detmar Huchting [16.03.2010]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Heinrich Schütz
1musikalis SWV 279-281 00:22:23
4Erbarm dich mein, o Herre Gott SWV 148 (Psalm 51) 00:06:32
5Ach, Herr, straf mich nicht in deinem Zorn SWV 24 (Psalm 6) 00:04:24
6Herr mein Gebet SWV 248 (Psalm 143) 00:07:01
7Aus der Tiefe ruf ich, Herr, zu dir SWV 25 (Psalm 130) 00:03:52
8Hör mein Gebet SWV 200 (Psalm 102) 00:12:21

Interpreten der Einspielung

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