True Sounds TSC - 0209
1 CD • 58min • 2005, 2007
21.07.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In wieweit heute Bedarf an „Teufelsgeigerinnen mit Engelsgesicht“ (Booklet-Text) besteht, mag dahingestellt bleiben. Vielleicht sind doch eher Musiker gefragt, die instrumentale Kompetenz mit künstlerischer Ernsthaftigkeit verbinden. Glücklicherweise sind es weniger die diabolischen oder optischen Qualitäten, die die aus Hamburg stammende Geigerin Sabrina-Vivian Höpcker auszeichnen, sondern vorab ein natürlicher Sinn für Phrasierung, wie sich beispielsweise beim oft malträtierten Thema des Mendelssohn-Konzerts gut studieren lässt. Leider beraubt sie sich in der Folge durch ein überhetztes Tempo eines Teils ihrer Gestaltungsmöglichkeiten – wohl in der seit Heifetz verbreiteten falschen Annahme, dass sich große Leidenschaft („molto appassionato“) durch große Schnelligkeit manifestieren müsse. Besser getroffen ist das Tempo im Finale, das hier einmal nicht in Hektik ausartet, sondern Raum für feinen Spielwitz lässt. Dieser ist nicht unbedingt Sache des Orchesters aus Göttingen, das sich unter Martin Brauß etwas steif und gelegentlich polternd gibt. Im Andante wirken Tongebung und Vibrato der Solistin etwas unausgeglichen und in der Einleitung zum Finale stören – wie schon beim Seitenthema im Kopfsatz – unangemessen große Tempokontraste.
Dass Max Bruchs Schottische Fantasie ein überzeugendes Stück ist, erfährt man nicht erst wie der Kritiker Joachim Kaiser (laut Aufkleber) aus „gewissen Momenten“ der vorliegenden Aufführung, sondern wusste man bereits von der fast fünfzig Jahre alten (nebenbei klanglich vorzüglichen) Decca-Einspielung mit David Oistrach. Auch eine Vanessa Mae konnte dem Stück letztlich nichts anhaben, bewies aber nachdrücklich seine kommerzielle Verwertbarkeit, weshalb man dem Werk in jüngerer Zeit öfter einmal auf CD begegnet. Zwar reicht die Neuaufnahme weder musikalisch noch klangtechnisch an die elektrisierende Oistrach-Produktion unter Jascha Horenstein heran, doch bemüht sich Sabrina-Vivian Höpcker mit großen Ambitionen um ausdrucks- und effektvolles Spiel, auch erscheint ihr Ton hier reicher, farbiger, weniger eng als bei Mendelssohn. Allerdings sollte sie sich an Altmeister Oistrach ein Beispiel nehmen, mit wie wenig Portamenti, sentimentalen Drückern oder sonstigen subjektiven Zutaten man das Stück, das auf schlichten schottischen Volksweisen beruht, wirkungsvoll gestalten kann. Hier könnten für die junge Violinistin Entwicklungsmöglichkeiten abseits vom Teufelsgeigerinnen-Image liegen. Dass die Nordwestdeutsche Philharmonie unter Edwin Outwater gegenüber dem London Symphony Orchestra einfach schwammig klingt, dürfte nicht nur eine Frage der Aufnahmetechnik sein. Der Name des/der ebenfalls solistisch hervortretenden Harfenisten/in wird leider nicht genannt.
Sixtus König † † [21.07.2010]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Max Bruch | ||
1 | Schottische Fantasie Es-Dur op. 46 für Violine und Orchester | 00:28:48 |
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
5 | Konzert e-Moll op. 64 für Violine und Orchester | 00:29:12 |
Interpreten der Einspielung
- Sabrina-Vivian Höpcker (Violine)
- Nordwestdeutsche Philharmonie (Orchester)
- Edwin Outwater (Dirigent)
- Göttinger Symphonie Orchester (Orchester)
- Martin Brauß (Dirigent)